Ob man mit Kunst etwas bewirken könne, ist eine beliebte, strittige Frage. „Kunstwerke sind nicht wichtig, weil sie Kunstwerke sind, sondern weil sie den Betrachter zum Nachdenken anregen“, sagt Johan Holten, der Chef der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden. Als er vor einigen Monaten rhetorisch fragte, ob Gesellschaft Kunst brauche, konzipierte er eine unbedingt sehenswerte Ausstellung, die die Wirkmacht von Kunstwerken vornehmlich aus Deutschland seit 1945 eindrucksvoll unterstrich. Nun folgt mit „Macht der Machtlosen“ die Fortsetzung, die aktuelle Kunstwerke aus aller Welt vereint, denen das Trachten nach politischer und gesellschaftlicher Veränderung gemein ist. Flucht und Vertreibung, Kriegstraumata, die subversive Macht des Internets, die Nachhaltigkeit im Umgang mit der Umwelt und die Asylpolitik der BRD sind Themen, die KünstlerInnen und Gruppen wie wie Alaa Awad, IRWIN, Teresa Margolles, Metahaven, Prinzessinnengarten, Urban-Think Tank oder Silke Wagner beschäftigen. Da gibt es Daumenkino-Bücher mit erschütternden Bildern, eine Wandtapete aus Popeln und eine aus 32 Tonnen mexikanischem Bauschutt aufgerichtete Protestmauer, eine Wandmalerei aus dem Kontext des arabischen Frühlings, Installationen und politische Aktionen, die eine Veränderung von unten nach oben intendieren. Holten versteht sein Konzept auch als Öffnung seines Hauses hin zu einer breiten gesellschaftlichen Teilhabe. Dies mag in einer Stadt wie Baden-Baden verwundern. Holten berichtet in diesem Zusammenhang jedoch auf ein Gespräch mit dem Baden-Badener OB, der ihm offenbart hatte, dass die Kurstadt in Baden-Württemberg nicht nur die reichsten Einwohner hat, sondern prozentual auch die meisten Hartz IV-Empfänger beherbergt. Inwieweit es Holten mit seiner sozial ausgerichteten Ausstellungspolitik schafft, auch wenig bemittelte Bürger in sein historisches Gebäude zu bekommen, bleibt eine spannende Frage.

> 16. November 2013 bis 9. Februar 2014, Kunsthalle Baden-Baden, Lichtentaler Alle 8a, Di – So
10 – 18 Uhr