Welche Attraktionen stecken wohl in einer Badewanne, die 15 000 Euro kostet: ein Massage-Strahl, ein Whirlpool, eine Stereo-Anlage, ein 3 D-Fernseher, oder vielleicht sogar – wie praktisch – ein Eierwärmer. Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst, der sich ein solches Teil bestellt hat, muss bei der Errichtung seines Protzbaus, bewusst oder unbewusst, die Absicht geleitet haben, sich selbst den Himmel auf Erden zu bereiten. Wenn die Glückseligkeit zu kaufen ist, dann kann sie nicht teuer genug sein, dann kann man schon mal 30 bis 40 Millionen Euro hinlegen, die man zum Glück ja auch nicht aus eigener Tasche bezahlen muss. Das Geld ist da, liegt nur so rum im Domkapitel und schreit danach verbraten zu werden.
Der Diener des Herren mit den Allüren eines Sonnenkönigs ist ein Gottesgeschenk für alle, die schon so lange darauf warten, dass endlich einmal die üppige Daueralimentierung der beiden großen Kirchen aufs Tapet gebracht und zur Diskussion gestellt wird. Neu sind die Fakten, um die es geht, beileibe nicht, an der Sachlage hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert, doch erst vor drei Jahren hat sie der Kirchenkritiker Carsten Frerk in ihrer Gesamtheit und Komplexität dargestellt in seinem „Violettbuch“ (Violett ist die Farbe des Büßergewands). Von der breiten Öffentlichkeit wurde es kaum zum Kenntnis genommen, von der Politik offensichtlich auch nicht, sonst hätte sie sich längst darum kümmern müssen, einen kaum bekannten, aber ungeheuerlichen Sachverhalt endlich aus der Welt zu schaffen, nämlich die sogenannten Staatsleistungen, die die Kirchen angeblich als Entschädigung für die Säkularisation ihrer Güter infolge Reichsdeputatsschlusses aus dem Jahre 1803 (!) erhalten. Dabei gehörten die damals betroffenen Gebiete der katholischen Kirche gar nicht. Wie Frerk feststellt, waren es Lehen im Eigentum des Kaiserreiches.
Anders als die Adeligen konnten die katholischen Fürstbischöfe wegen des Zölibats keine Dynastien bilden, ihre Ansprüche auf Apanage waren somit auf ihre Lebenszeit befristet und können unmöglich bis in die Gegenwart übertragen werden. Und doch dauern die Staatsleistungen fort und fort. 540 Millionen betrug ihre Gesamthöhe im Jahr 2009, dabei findet sich schon in der über 90 Jahre alten Weimarer Reichsverfassung die Aufforderung diese vermeintliche Entschädigung endlich abzulösen. Es geschieht nicht, auch wenn es doch offensichtlich ist, dass es hier nicht um arme Verlierer der Geschichte geht.
Ganz im Gegenteil: Der Großgrundbesitz beider Kirchen umfasst trotz der angeblichen Enteignungen die Hälfte der Fläche des Freistaats Thüringen, und der Wert ihres Immobilienbesitzes, oft in besten Stadtlagen, ist kaum zu schätzen. Beide Kirchen genießen weiterhin ungeschmälert laufende Einnahmen durch die Kirchensteuer, die auch noch kosten- und zeitsparend vom Staat eingezogen wird. Dass dem so ist, ist übrigens eine Folgewir-kung des Reichskonkordats vom 20. Juli 1933, mit dem sich das NS-Regime die kirchliche Obrigkeit gewogen machte.
Eigentlich sollte es sich von selbst verstehen, dass die Kirchen mit der gewaltigen Steuereinnahme (9,4 Milliarden insgesamt im Jahr 2009), die sie völlig anstrengungslos erhält, ihre Einrichtungen finanziert, die Diakonie, die Caritas, die christlichen Kindertagesstätten, die zahlreichen Krankenhäuser in ihrer Trägerschaft, aber dem ist nicht so: Auch diese werden zu etwa 98 Prozent von den öffentlichen Haushalten, den Sozialkassen und aus Gebühren der Bürger finanziert, was insbesondere die katholische Kirche nicht davon abhält mit dem Personal nach ihrem Gusto und Sonderrecht umzuspringen. Der Staat bezahlt die Religionslehrer, unterhält die theologischen Fakultäten und sorgt ganz überwiegend für die Kirchenbauten. Und das ist noch nicht alles. Die Kirchenvertreter mögen von ihren Kanzeln Bescheidenheit predigen, die Verführungskraft des Wohllebens anprangern und sich nicht entblöden, den Kirchgängern am Ausgang noch ein paar Euro für einen guten Zweck abzuknöpfen - in Wirklichkeit schwimmen sie in Geld.
Das wird sich auch nicht ändern, solange die führenden Politiker im Land sich diesem „feudalen Fremdkörper in einem demokratischen Staatswesen“ verpflichtet fühlen. Jeder Politiker, der sein Amt mit dem Zusatz der Eidesformel „So wahr mir Gott helfe“ antritt, bietet den Kirchen die Gewähr dafür, dass der paradiesische Zustand allumfassender Alimentierung durch Christen und Nichtchristen andauert. Der Fall Tebartz-van Elst, der nur vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts zu verstehen ist, könnte die Chance sein, daran etwas zu ändern. Aber, ich nehme mal an, das bockige Kind wird (oder wurde schon nach Redaktionsschluss) mit dem Bade ausgeschüttet und danach ist wieder Ruh über allen Wipfeln und Kirchturmgipfeln.