Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 11.2013
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Konzerte im Wohnzimmer

Das deutsch-amerikanische Duo Susie Asado, Meursault und The Great Park aus Großbritannien waren schon da. Mister and Missisippi aus Holland, Emaline Delapaix aus Australien oder Marius Ziska von den Faröer Inseln, allesamt klingende Namen oder vielversprechende Entdeckungen in der Indie-Folk-orientierten Songwriter-Szene. Sie hatten in Karlsruhe Auftritte an einem Platz, der intimer und persönlicher kaum sein könnte: Im Reihenhaus-Wohnzimmer einer Familie am grünen Rand der Stadt.

Seit einem Jahr finden dort regelmäßig-unregelmäßig Wohnzimmerkonzerte statt, im Oktober waren es gleich fünf. „Ohne Gudrun würde hier nichts laufen, sie ist die treibende Kraft“, sagt Elisabeth und verweist lachend auf ihre Mutter. Die Universitätsdozentin hat neben ihrer Liebe zu Familie und Mathematik, die sie erforscht und lehrt, eine ausgeprägte Leidenschaft für Musik. Regelmäßig besucht sie Konzerte, reist dafür auch gerne einmal nach Darmstadt oder Köln, entdeckt und beobachtet ihre Lieblingskünstler über die einschlägigen Netzwerke und berichtet darüber seit geraumer Zeit im Konzerttagebuch (meinzuhausemeinblog.blogspot.de). Der Blog wird regelmäßig mit Konzertberichten von einer guten Handvoll Musikenthusiasten unter anderem aus Paris, Wien, Berlin, Köln und eben auch Karlsruhe gespeist. Gudruns Pariser Blogger-Kollege hatte sie mit begeisterten Berichten von selbstveranstalteten Musikabende darauf gebracht, es auch einmal zu versuchen.

„Die Leute, die bei uns gespielt haben, machen noch ihre Kunst um der Kunst willen, und wir haben gemerkt, dass das durchweg sehr nette Typen sind“, erzählt Gudrun. In der Regel kommen zwischen zwölf und 25 Besucher zu einem Wohnzimmerkonzert, bei dem jeder sein Lieblingsgetränk mitbringen kann, und an dessen Ende ein Hut für die Musiker die Runde macht. „Wir haben noch niemanden wegschicken müssen“, sagt Stefan, der wie seine Frau aus Weimar stammt und nach mehreren Stationen mit ihr vor vier Jahren nach Karlsruhe zog. Wenn es nach ihm ginge, würden häufiger Sängerinnen, die sich am Klavier begleiten in seinem Wohnzimmer Station machen, denn der Anteil gitarrespielender Bartträger scheint zu dominieren. Bis zu vierköpfige Besetzungen verzeichnet die Chronik der Wohnzimmerkonzerte, die selbstverständlich nur als Akustiksets funktionieren. „Anwohnerbeschwerden gab es bisher nicht“, sagt Stefan, im Gegenteil zählen einige der Nachbarn zu den Stammgästen der Konzerte, die dadurch ein sehr breites Altersspektrum bekommen. „Unsere Besucher sind von 20 bis 90“, lacht Gudrun, die mittlerweile immer mehr Auftrittsanfragen von Künstlern und Agenturen erhält. Kein Wunder, ist die Atmosphäre bei einem Wohnzimmerkonzert doch einzigartig, was schon damit beginnt, dass es keine Bühne gibt und die Künstler bereits anwesend sind, wenn das Publikum an der Türe klingelt.

„Wenn dir ein Musiker hier in die Augen schaut, weißt du, dass er dich anschaut. Du kannst jede kleine Mimik des Künstlers erkennen, das hast du bei keinem normalen Konzert“, sagt Tochter Elisabeth. Dass die Künstler von der Gastfreundschaft und der unvergleichlichen Atmosphäre begeistert sind und sich über die Abwechslung zu Club- und Festivalauftritten freuen, davon zeugen die umfassenden Einträge im sich immer mehr füllenden Gästebuch. Wer zu den Wohnzimmerkonzerten eingeladen werden will, kann sich mit einer Mail an gudrun@konzerttagebuch.de auf die Liste setzen lassen.