Wer sein Album „Neukrautrock“ nennt, muss Mut haben. Die jüngeren werden überhaupt nicht wissen, was Krautrock ist, die älteren werden sich fragen: An welche Sorte Krautrock knüpfen die an? An Birth Control oder eher an Can? Den vier Karlsruhern ist es egal: „Was uns mit dem klassischen Krautrock verbindet, ist die Experimentierfreude. Und es ist anders, als das was heute unter Deutschrock läuft, Sachen wie Slbermond, das sind wir auch nicht“, sagt Schlagzeuger Jörg „Enzo“ Enderle.
Die Experimentierfreude haben sich die Herren von Kaosplanet (alle im reiferen Alter zwischen 45 und 57) durchaus bewahrt: Mit deutschen Texten, mal ernst, mal mit feiner Ironie, mal politisch, mal persönlich und einer Musik, die über das Strophe-Refrain-Strophe-Schema hinausweist. Ungewöhnlich ist der Einsatz des Saxophons, gespielt vom Sänger Stefan Geßenauer. Neben solistischen Ausrufezeichen unterstützt er die erdigen Riffs von Gitarrist Dieter Taubert. Jazzrock? Ja, ein bisschen, aber nicht im traditionellen Sinn. Sie bekennen sich als Fans von „Musiker-Musik“ à La Dream Theater, aber so komplex wollen und können sie selbst nicht arbeiten. Im Vordergrund stehen immer noch eingängige Melodien und erdverbundene Riffs, mit einer gewissen Finesse gespielt. Bis die richtige Besetzung stand, die auch hinter der Musik steht, dauerte es eine Weile. „Wir hatten immer mal Probleme mit Gitarristen“, verrät der Sänger. Vor allem, wenn sie einen Drang zum Mainstream verspürten.
Texte sind wichtig für den Sänger, und manchmal scheint auch die gewollte Verbindung zur Musik durch: „eisenhart mit fester Hand so galoppiert er durch das Land“ heißt es im „Marlboro Mann“, und dementsprechend galoppiert die Musik. Wenn die Musik und die Texte stimmen, muss auch die Präsentation rund sein: „Als kleine Band hat man nicht die Mittel, was Performance und Technik betrifft, aber man investiert: Musikalische Können, oder eben auch die Beleuchtung in der Bassdrum“ sagt der Drummer: „Wir betreiben einen relativ großen Aufwand“. Die Band leistet sich sogar einen festen Mann am Mischpult, der den Sound kennt und um die Detailverliebtheit der Musiker weiß. Der findet die Musik toll und darf sogar Verbesserungsvorschläge machen, senkt aber mit 18 deutlich den Altersdurchschnitt. Damit dürfte er aber einer der ersten amtlichen Beweise sein, dass „Neukrautrock“ keine Sache ausschließlich für ältere Rockfans ist.
> Sa 2. November 2013 um 21 Uhr, Café Emaille, Kaiserstr.142, Karlsruhe