Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 09.2013
Verschiedenes Herbies Cartoon

 

Dr: Mabuse Wählt Steinbrück

Bild - Dr: Mabuse Wählt Steinbrück
Ja, ich weiß, der Mann kommt nicht immer sympathisch rüber, aber bei allem, was man über Peer Steinbrück Negatives sagen kann, sprechen doch ein paar Punkte ganz entschieden für ihn.
Er spricht aus, zumindest manchmal, was er denkt, er bewegt sich gelegentlich außerhalb des Rahmens der gängigen Politphrasen, er lässt ab und an Humor auf blitzen und man weiß nicht immer im Voraus, was er sagen wird.
Das alles hat er seiner Konkurrentin, der amtierenden Kanzlerin Angela Merkel, voraus, die viel in sich hinein schweigt, aber wenn sie dann etwas sagt mit ihrem leicht parodierbaren Leierton, wünscht man sich schnell, sie hätte weiter geschwiegen. Diese Frau auf eine verifizier- und objektivierbare Aussage festzulegen, gleicht dem Versuch einen Pudding an die Wand zu nageln. Wie die Frau zu dem Spitznamen „Mutti“ kommt, ist mir ein Rätsel. Im Internet gibt es die Webseite „frag-mutti.de“, die auf fast alle wichtigen Fragen, was die Bewältigung des Alltags angeht, die richtigen Antworten weiß. Wie putze ich Fenster? Wie beseitige ich Schweißflecken? Wie mache ich einen Kartoffelsalat? Von Mutti Merkel, die sogar nichts Mütterliches an sich hat, wird man, da bin ich sicher, auf diese Fragen keine klaren Antworten erhalten und schon gar nicht auf die großen Fragen der Zukunft: Wie können sich Normal- und Geringverdiener noch eine Wohnung in den Städten mit horrend steigenden Mieten leisten? Wie können die zahlreichen Arbeitnehmer, die in Zeitarbeits-, Leiharbeits- und Billigjobverhältnissen stecken, jemals eine sozialversicherungspflichtige, leistungsgerecht bezahlte Arbeit bekommen? Was wird aus der aus purem Opportunismus und nicht aus Überzeugung im Hauruck-Verfahren herbeigeführten Energiewende? Und wohin geht die Reise in Sachen Euro? Aber Hauptsache: Angela Merkel bleibt Kanzlerin und lenkt unser Land mit ruhiger Hand - in die Flaute.

Zugegeben: Steinbrück ist nicht mehr der Jüngste, hat sich schon abgearbeitet im Politikbetrieb, aber immerhin wurde er dabei weniger glatt geschliffen und rund gemacht als seine Konkurrentin. Was ihm da alles als Patzer angekreidet wurde, fällt zum großen Teil auf einen Medienbetrieb zurück, der in seiner Gier nach Schlagzeilen auch da ein Fass aufmacht, wo nur eine Dose steht. Wenn Steinbrück gefragt wird, ob er das Kanzlergehalt angemessen findet und er antwortet, dass er das nicht tut, dann stellt sich schon die Frage, was daran um Himmels willen skandalös sein soll, und dass Steinbrück öffentlich bekennt, dass ihm kein Wein, der fünf Euro kostet, über die Lippen kommt, ist mir weit sympathischer als ein Volksvertreter, der Volksnähe vorheuchelt, indem er so tut, als würde er jeden Tag Currywurst essen und Wein aus dem Karton dazu trinken.
Aber während Angela Merkel früher wegen ihrer Kleidung, ihrer Frisur und ihrer Gesichtszüge als Zielscheibe wohlfeilen Spotts in den Medien herhalten musste, scheint sie nun schon seit geraumer Zeit nahezu unangreifbar, als würde ihre Politik und der Stil, indem sie sie betreibt, nicht weit größere und lohnendere Angriffsflächen bieten.

Ich weiß, diese Betrachtungen kratzen nur an der Oberfläche des politischen Betriebs, aber – mein Gott! – ob einen das Personal nun sympathisch oder unsympathisch ist, spielt eben bei der Wahlentscheidung keine geringe Rolle. Und noch weitere vier Jahre mit Angela Merkel und Pappenheimern wie Aigner, Ramsauer, Friedrich, von der Leyen, Niebel und ihrem gerade mächtig abgehalfterten Vorzeigeminister De Maiziere machen mir keine Laune.
Gelegentliche Regierungswechsel schützen vor Hochmut und Selbstgefälligkeit – und Langeweile. Und mal ganz ehrlich: Ein Steinbrück-Sieg wäre auch ein Schlag ins Kontor der Wahlforscher und Demoskopen, die einem immer wieder das Gefühl vermitteln, dass Wahlen eigentlich nur noch da sind, um zu betätigen, was sie schon lange wissen.