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Familie Braun - nomen est omen

Schwarzhumorige Comedy mit ernsten Thema

Bild - Familie Braun - nomen est omen
Einen Balanceakt zwischen schwarzhumoriger Comedy und dem ernsten Thema des Rechtsradikalismus wagt Kammertheater-Intendant William Danne mit der Komödie "Familie Braun" von Manuel Meimberg, der das Theaterstück aus einer achtteiligen Dramedy-Serie über zwei Neonazis, die sich plötzlich um die sechsjährige schwarze Tochter des einen kümmern müssen, entwickelte. Für Danne ist es eine Herzensangelegenheit, den Stoff selbst zu inszenieren, da er Erfahrungen mit Diskriminierung wegen Hautfarbe oder Homosexualität seit seinen Kindertagen in der heimischen Dorfgesellschaft verabscheuenswürdig findet.

Kammer machen, kammer lachen" ist der Slogan Ihres Theaters. Nun zeigen Sie "Familie Braun" nach einer Fernsehserie über zwei Rechtsradikale, die plötzlich mit einem farbigen Mädchen als Mitbewohnerin konfrontiert sind. Wie witzig finden Sie Nazis?

William Danne: Überhaupt nicht witzig, sondern ganz furchtbar. Aber ich finde diese Serie sehr witzig, da die Gedanken der beiden Protagonisten durch den unverstellten Blick des Mädchens und ihre scheinbar naiven Fragen so bloß gestellt werden, dass ihre ganze Weltsicht in sich zusammenfällt. Das Mädchen ist das Ergebnis eines One-Night-Stands des einen Mannes mit einer Frau aus Eritrea, die abgeschoben werden soll. Daher muss er sich nun um das Mädchen kümmern, was nach der ersten Ablehnung mit der Zeit Vatergefühle in ihm hervorruft. Der andere Nazi reagiert darauf überraschend eifersüchtrig, so dass man sich fragt, woher das kommt, und man erkennt, dass seine Aggression ein unterdrückter Schrei nach Liebe sein muss.

Welche besondere Herausforderung ist für mit dieser Inszenierung verbunden?

Danne: Es ist nicht möglich, auf der Theaterbühne die Sechsjährige von einem jungen Mädchen darstellen zu lassen. Die Vielzahl der Vorstellungen, aber auch die Härte des Stückes hätten das nicht zugelassen. Ich hatte zunächst daran gedacht, das Mädchen durch eine von einer Puppenspielerin animierten Puppe spielen zulassen, kam aber von dieser Idee wieder ab. Das Mädchen wie anderenorts von einer 20-jährigen Schauspielerin als Kind spielen zu lassen, fand ich eher peinlich. So kam ich darauf, das deutsch-eritreische Mädchen mit einem über zwei Meter großen, farbigen Schauspieler zu besetzen, der die beiden Nazis um einen Kopf überragt. Dabei geht es in keinster Weise darum, dass eine weibliche Rolle von einem Mann gespielt wird, sondern eher um einen Verfremdungseffekt. Wenn man diese Behauptung akzeptiert, kann man die Geschichte durchleben.

Was möchten Sie oder was kann das Boulevardtheater mit gesellschaftspolitisch relevanten Themen auf der Bühne erreichen?

Danne: Es geht darum, den Finger in die Wunde zu legen und virulente Dinge wie etwa den seit dem 7. Oktober entfachten Antisemitismus zu benennen. Ich überlege selbst, inwieweit wir mehr als reine Unterhaltung bieten, wie wir Denkanstöße vermitteln und das eine oder andere strarre Bild in Bewegung bringen können. Es besteht die Gefahr, dass wie das bei dem Stück Extrawurst passiert ist, wo es um den Umgang mit einem Türken im deutschen Tennisclub geht, auch an falschen Stellen gelacht wird. Wir arbeiten daher mit einem Antidiskriminierungsexperten zusammen, der sich mit Gewalt und Rechtsradikalismus beschäftigt, und erwägen nach den Vorstellungen bisweilen Gespräche anzubieten und werden im Programmheft zum Beispiel auf den diffamierenden Charakter der von Rechtsradikalen verwendeten Sprache eingehen. Ich hoffe, dass wir gerade auch durch Verfremdungseffekte die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Unterhaltsamkeit gut bewältigen. Ein Spieler hatte mit abgesagt, weil er findet, dass man ein solches Stück in dieser Zeit nicht spielen könne. Aber ich finde, dass man es gerade jetzt spielen muss, weil Rechtsradikalismus eben ein Thema ist.

Die ZDF-Serie, die aus etwa sechsminütigen Videos besteht, erhielt mehrere Preise und wurde ob ihres giftigen Humors gelobt, stand aber auch in der Kritik, da sie die beiden Nazis als Kasperlefiguren gegenüber der brutalen Realität verharmlose. Wie gehen Sie damit um?

Danne: Der eine ist ein fanatischer Neonazi, der etwas tumb dargestellt seine ideologische Weltsicht null hinterfragt. Ich glaube, dass es solche Menschen gibt. Der andere ist ein Mitläufer, der vermutlich genauso gut hätte linksextrem werden können. Interessant wird es, wenn man hinter die Fassade blickt und herausfindet, dass der Neonazi vermutlich seine unterdrückte Homosexualität nicht ausleben kann. Ein Phänomen, das sicher gar nicht so selten ist, weil sich Gruppenzugehörigkeit und persönliche Neigung eigentlich gegenseitig ausschließen. Als das Mädchen fragt, ob Hitler nicht vielleicht schwul sei, da er sich so viel mit Männern umgebe, geht er an die Decke.

Wie möchten Sie, dass das Publikum am Ende das Theater verlässt?

Danne: Optimistisch. Identifikationsfigur ist der am Anfang so herrische Familenvater, der am Ende mit seiner Tochter ein neues Leben anfängt. Er zeigt, dass diese scheinbar so kaputte Welt, doch nicht ganz so kaputt ist, und dass jede und jeder selbst die Wahl hat.

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Ab 19. April 2024
K2
Kreuzstraße 29

K2

Kreuzstr. 29

76133 Karlsruhe

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