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"Radical Polytronics"

Giga-Hertz-Festival für elektronische Musik und Klangkunst

Bild - "Radical Polytronics"
Zum letzten Mal verantwortet der im kommenden Jahr in den Ruhestand gehende Ludger Brümmer die Verleihung des Giga-Hertz-Preises, eines der wenigen bedeutenden Auszeichnungen für Musikerinnen und Musiker der elektronischen Musik. Neu wird in diesem Jahr der experimentelle Pop in den Fokus gerückt, da gerade in der elektronischen Musik starke Impulse und Innovationen auch aus nichtakademischen Kreisen der Pop- und Clubmusik stammen. So gibt es erstmals einen Förderpreis PopExperimental, der an das deutsch-finnische Trio This Machine! (Foto) geht. Die Preisverleihungen werden in diesem Jahr in ein fünftägiges Festival eingebettet, das ein breites Spektrum elektronischer Musik und Klangkunst repräsentiert und mit einem Doppelkonzert von Oren Ambarchi und Puce Mary am Mittwoch, 6. Dezember, eröffnet wird. Am Ende steht am Sonntag, 10. Dezember, ab 14 Uhr die Ehrung der Hauptpreisträgerin Laurie Spiegel auf dem Programm. Klappe auf unterhielt sich im Vorfeld mit Ludger Brümmer, der gemeinsam mit Dominik Kautz das Festival organisiert.

Herr Brümmer, seit 20 Jahren haben Sie hier in Karlsruhe zunächst das Institut für Musik und Akustik, später dann das Hertz Labor geleitet, das die Musik mit den Bildmedien vereinte. Was war die bedeutendste Errungenschaft in diesen zwei Jahrzehnten?

Ludger Brümmer: Das war auf alle Fälle der Klangdom, den wir bereits Ende 2003 in Angriff nahmen. Meine Idee war, ein allgemeingültiges Raumklanginstrument zu schaffen, das in der Lage sein sollte, viele Kunstwerke abzubilden. Das ist uns gelungen. Ich kenne zahlreiche Lautsprecher-Orchester auf der Welt, aber wir haben da eine einmalige Qualität und damit sicher eines der besten Lautsprecherinstrumente. Raumklang ist zwar heute nicht mehr das Hype-Thema, das es vor zwei Jahrzehnten war, aber Klangbewegungen im Raum sind immer noch sehr gefragt.

Als das ZKM neu war, konnte es mit den damals noch unerschwinglichen Computern, Samplern und Synthesizern Musikern bedeutende Technologie an die Hand geben. Wenige Jahre später war die Consumerelektronik so verbreitet, dass sich die Hilfestellung des ZKM für Künstler stark verändern musste. Worin liegt heute die Möglichkeit für das Gastkünstlerprogramm des ZKM?

Brümmer: Wir haben die Künstler gefragt, was sie sich von uns wünschen und erwarten. Und das meistgenannte war Ruhe. Hier ungestört und ohne soziale Verpflichtungen rund um die Uhr arbeiten zu können. Wir haben unsere Studios an die neuen Bedingungen angepasst. Was wir darüberhinaus anbieten sind Räume mit einer guten Akustik, Multikanallautsprecher, ein kleines Stipendium, das Treffen mit anderen Künstlern und eben Zugriff auf den einzigartigen Klangdom.

Welche Möglichkeiten und Gefahren bietet die KI im Bereich der Musik?

Brümmer: Die KI bietet die Chance, Musik komplexer und organischer zu denken als bisher. KI ist ein weiteres Instrument, das Künstler nutzen können. Gefahren für die künstlerische Musik sehe ich eher nicht, denn der Künstler wird auf lange Zeit nicht verzichtbar werden. Einen Bruch von Tonalität zur Atonalität etwa wäre durch eine KI nicht zu leisten, denn dahinter stand ein sozialer Prozess. Was allerdings auf lange Sicht die großen Player wie OpenAI oder Google noch über uns zu begreifen lernen, ist schwer vorherzusagen.

Sie sind auch als Komponist am Haus immer wieder präsent gewesen und steuern auch zum GigaHertz-Festival eine Komposition bei. Inwieweit erfordert die elektronische Musik, die ausschließlich aus Lautsprechern zum Klingen kommt, ein anderes Hören?

Brümmer: Bei einem Konzert mit einem Geiger kann ich vorhersehen, dass jetzt gleich eine gestrichene Geige klingen wird, beim Lautsprecher habe ich keine Hinweise, was als nächstes kommt. Das ist eine reine Ohrenmusik. Dafür kann ich mit dem Computer alle möglichen Klänge in den Konzertsaal holen und bin nicht auf die Klänge der Instrumente begrenzt. Ich selbst arbeite mit der Dekonstruktion existierender Musik. Das heißt ich nehme einen Auszug einer Musik und mache daraus eine ganz andere Musik. Dabei entsteht eine Komplexität, die ich mit Instrumenten nicht erzielen könnte.

Welche Bedeutung hat die Vergabe des GigaHertz-Preises?

Brümmer: Der Preis hat ja zwei Ebenen, zum einen würdigen wir jüngere Komponistinnen und Komponisten, denen wir eine Produktionsmöglichkeit bieten, zum anderen ehren wir eine Persönlichkeit für ihr Lebenswerk. Mit diesem Konzept ist der GigaHertz Preis wohl ziemlich einzigartig. Dabei können wir auch auf Personen hinweisen, die gar nicht so sehr im Rampenlicht stehen und die für besondere künstlerische Leistungen, oder aber auch für eine technische Innovation stehen können. Wir haben so unterschiedliche Personen wie Laurie Anderson und Pierre Boulez, Brian Eno, Gottfried Michael König oder Trevor Wishart ausgezeichnet.

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6.12.2023 – 10.12.2023
ZKM
Lorenzstraße 19
Karlsruhe

komplette Info unter zkm.de

ZKM

Lorenzstr. 19

76135 Karlsruhe

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