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Born to be wild: Von Motorradgangs und Rasenmähern


Kolumne von Nadine Knobloch

Bild -  Born to be wild: Von Motorradgangs und Rasenmähern

"Wrrrumm“ und schon wieder knatterte irgendwo um uns herum ein Motorrad vorbei. Das „Okay, Abbruch!“ war kaum zu hören. Wir standen in der Klosterruine Frauenalb und waren inmitten eines Drehs.

Es war ein lauer Oktobermorgen, die Sonne tauchte alles um uns herum in ein warmes, stimmungsvolles Licht. Und wieder „wrrrummm wrrrummm“. Der nächste Motorradfahrer gab Vollgas, der Widerhall zwischen den Mauerresten dröhnte uns in den Ohren. Nach einem kurzen Moment des Lauschens – wir konnten ganz genau sagen, in welche Richtung das Motorrad abgerauscht war – begannen wir wieder von vorne, in der Hoffnung, dieses Mal die Szene abdrehen zu können. Und tatsächlich. Es herrschte Ruhe. Wir konnten endlich arbeiten.

Die Sonne stieg immer höher am Herbsthimmel. Der künstliche Hummer auf dem echten Salat und die Plastikforelle auf dem Silbertablett glänzten taufrisch in unserer Kulisse. Nur die gekochten Kartoffeln wurden allmählich in Mitleidenschaft gezogen und waren für Nahaufnahmen jeglicher Art für diese opulenten Dinnerszenen wohl eher nicht mehr geeignet. Am frühen Nachmittag wagten wir tatsächlich, zum Endspurt für diesen Drehtag anzusetzen, früher als geplant und voller Freude darüber, so gut vorangekommen zu sein. Außer ein paar Spaziergängern, die wissen wollten, was genau wir da drehten, hatte uns nichts mehr unterbrochen.

Mit der Aussicht auf einen frühen Feierabend machten wir uns ans Werk. Der Tisch wurde entsprechend neu hergerichtet, die Kamera in Position gebracht, Filmleuchten verschoben und nochmals glänzende Gesichter abgepudert. Den morgendlichen Lärm hatten wir beinahe schon wieder vergessen, zu sehr waren wir auf unsere letzten Szenen konzentriert. Wir beiden Schauspieler nahmen an den jeweils entgegengesetzten Enden des Tisches Platz, die Klappe wurde geschlagen „Und …“: Wie auf Kommando brach die Lärmhölle über uns herein. Auf der Straße vor unserem Set rauschte ein Motorrad nach dem nächsten vorbei. Kaum wurde deren Geräuschpegel leiser, kam ein Propellerflugzeug an und kreiste genau über Frauenalb. Dazu gesellte sich ein Rasenmäher, der zwar nicht zu sehen war, aber in unmittelbarer Nachbarschaft sein musste. Ihm antworteten zwei weitere Rasenmäher auf der entgegengelegenen Seite. Da standen wir nun. Ratlos. Eingekesselt. Unser eigenes Wort nicht mehr verstehend. Unser Aufnahmeleiter sah keine andere Möglichkeit, als loszulaufen und die Rasenmähermenschen zu suchen.

Mein Schauspielkollege und ich nahmen indessen auf der Klostermauer Platz. Ein weiteres Motorrad rauschte vorbei und noch eins und ein weiteres. Wir griffen nach dem Teller mit den Süßigkeiten und betrachteten das Spektakel, wohl wissend, dass dieser Drehtag doch nicht so schnell vorüber sein würde.


> Die Karlsruher Schauspielerin und Regisseurin Nadine Knobloch berichtet in ihrer Kolumne über Kurioses und Unterhaltsames aus ihrem Arbeitsalltag. In ihren Behind the Scenes-Geschichten teilt sie ihre vielfältigen Erfahrungen als Filmschaffende und gewährt so einen authentischen Blick auf die Welt des Films.

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