Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 04.2011
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Georg Schalla

Freie Räume für Freiräume

Über Jahrzehnte war er als umtriebiger Motor in der Karlsruher Kunstszene eine markante Gestalt, der man nicht zuletzt durch die Stadt radelnd immer wieder begegnen konnte. Mittlerweile ist der 63-jährige Georg Schalla nach Rastatt ausgewichen, wo er seit Anfang 2010 in einer früheren Kantine der Merzeau-Kaserne fast ideale Atelier-Räumlichkeiten fand, die er sich in der Fächerstadt immer wieder hatte hart erkämpfen müssen.

Davon zeugt auch noch die am 3. April zu Ende gehende Ausstellung „Vor dem ZKM“ über das Projekt „99,9% leerer Raum“, dessen Hauptprotagonist der in den 60er Jahren als DDR-Flüchtling nach Karlsruhe gekommene Maler war.Heilfroh, nicht mehr täglich das Karlsruher Rathaus sehen zu müssen, sei er, grantelt Schalla.

Seine öffentliche Beachtung fand er Anfang der 80er Jahre in der Halle der früheren Voitschen Orgelfabrik in Durlach mit dem Projekt „Himmel und Hölle“. Gemeinsam mit dem Malerkollegen Uwe Lindau schuf er eine imposante Installation, die auf die Möglichkeit einer kulturellen Nutzung des vom Abriss bedrohten Industriedenkmals hinwies und ein Umdenken der Kommunalpolitik einläutete.

Eine Nummer größer, zeitlich ausgedehnter und abermals von kommunalpolitischer Bedeutung begleitet war dann das Abenteuer in der Industriebrache der IWKA im Karlsruher Westen, die für die Stadt schließlich in die Einrichtung des ZKM in den grandiosen Lichthöfen mündete, für Schalla aber mit einer Zwangsräumung seines Ateliers. Einer von fünf, wie Schalla betont, die er in der Fächerstadt zu erdulden hatte, weil er mit der Kulturverwaltung nicht auf einen Nenner kam.

Schalla will keine Almosen und sieht es nicht als Aufgabe des Rathauses, die „Armee der Akademie-Abgänger“ zu alimentieren. Freiräume zu schaffen, leerstehende Räume ohne hohe bürokratische Hürden Kunstschaffenden zur Zwischennutzung als Experimentierfelder zur Verfügung zu stellen und Absprachen einzuhalten, sind die Forderungen, die Schalla an eine Stadtverwaltung stellt. Eine „Republikkrankheit“ sei es freilich, dass solche Plätze in den Städten immer rarer würden, und entstehende Freiräume aus Gründen der Wirtschaftlichkeit so schnell wie möglich platt gemacht würden.Räume sind für ihn von essentieller Bedeutung.


Schalla, der vor seinem Studium an der Karlsruher Akademie als Theatermaler am Badischen Staatstheater arbeitete, haben seit jeher Projekte fasziniert, in denen er die verschiedenen Kunstsparten zusammenbringt. Dazu sucht er leerstehende Fabrikhallen, Ruinen und Orte des Umbruchs und des Dazwischens, an denen sich eine komplexe Vergangenheit, der im Begriff befindliche Verfall und eine ungewisse Zukunft verdichten und inspirierend nutzbar machen lassen.

Zuletzt war Schalla in Karlsruhe 2008 vom Gelände des Alten Schlachthofs vertrieben worden, unter Umständen, die er mit dem Umstand der „Erpressung“ beschreibt. Man habe ihn loshaben wollen, weil er die an Gewerberäumen orientierte, gewünschte Quadratmeter-Miete nicht habe bezahlen können. Ein „Kreativpark“ ohne bezahlbare Atelierräume für Künstler aber ist für ihn schlicht „Hochstapelei“. Das ihm gegebene Versprechen, ihm Ersatzräume anzubieten, sei nie eingelöst worden, stattdessen wurden seine Kunstwerke in einer Tiefgarage eingelagert. Neun Ladungen eines 7,5 Tonners habe er gebraucht, seine Werke von da nach Rastatt zu bringen, wo ihm das Finden von Räumen wie ein Glücksfall vorkommt.

Auch die ersten Kontakte zur Kulturszene sind für ihn viel versprechend: „Hier herrscht eine andere Mentalität. In Karlsruhe hieß es immer erst einmal ‚Geht nicht!‘. Hier wird in Ruhe überlegt, wie man etwas möglich machen kann.“ So sitzt er in seinem Atelier in den Startlöchern für neue Vorhaben, die noch in diesem Jahr Gestalt annehmen sollen, ein Kunstprojekt in den Kasematten der Rastatter Festung, in denen 1849 die gefangenen Revolutionäre inhaftiert worden waren, und ein großes Musikprojekt mit dem berühmten Ensemble „Les Percussions des Strasbourg“ im Ehrenhof des Rastatter Schlosses. Eines freilich hat Schalla in seiner Rastatter Zeit bereits verwirklicht, indem er im vergangenen Jahr heiratete und stolzer Vater wurde.