Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 09.2006
Kunst, Ausstellungen Kunst

 

Karlsruher Galerienrundgang: 22. September

Acht Galerien, zwei davon sind Neulinge. Zugezogen aus Pforzheim (Supper) bzw. Ettlingen (Haus Schneider). Energiebündelung, um auf sich aufmerksam zu machen. Im Gegensatz zum Rheinland etwa ist das in Karlsruhe nach wie vor dringend notwendig. Denn so mancher Kulturpolitiker, so mancher Künstler, so mancher Sammler glaubt hier, auf Galerien verzichten zu können. Mit fatalen kulturpolitischen Folgen. Man kauft aus dem Atelier, aber nachhaltige und langfristige Künstlerförderung kommt dabei zu kurz. Schließlich sind es die Galeristen, die Künstler "aufbauen" und "hypen", alle anderen (mit kurzfristigen Interessen) profitieren (quasi parasitär) von dieser mühseligen (und auch risikoreichen) Arbeit. Zum Vorurteilsüberprüfen und -korrigieren gibt es am 22.9. acht Gelegenheiten: 8 Vernissagen, um maßgebliche Positionen der Gegenwartskunst kennenzulernen…

1. Galerie Iris Kadel: How Does It Make You Feel´

Mit dieser Frage zielt die in der obersten Liga agierende, junge Galeristin auf die direkte Kommunikation zwischen dem Betrachter und der ausgestellten Kunst. Scheinbar abstakt verbirgt sich hinter den Papierarbeiten des ars viva-preisträgers Michael Hakimi ein Bezug zu seiner Körpergröße. Auch bei Myriam Holme steht das Feeling, die Atmosphäre im Vordergrund. Analogien zwischen Mensch und Natur werden bei Lorna MacIntyre angedeutet: Regalbretter und eine Kugel. Sie könne sowohl als Blätter als auch als Hände, die eine Himmelskörper halten, gesehen werden. Ähnlich wie bei seiner "Auto-Bühne" in der Lichtkunstausstellung im ZKM sind sozial-interaktive Elemente Bestandteil der Arbeiten von Riccardo Previdi, die in der Viktoriastr. 3-5 gezeigt werden.

2. Galerie Alfred Knecht: Armin Göhringer/ Franziska Schemel

Gegenüber dem Theater, in der Baumeisterstr. 4 stellt Armin Göhringer seine "Selbstporträts" aus Holz aus. Franziska Schemel präsentiert "Wege mit Perspektiven": Bildobjekte, die für eine Änderung der Sichtweise im Hinblick auf Leere, Anonymität, Stadtwahrnehmung, Orientierung und Identität plädieren.

3. Galerie Karlheinz Meyer: Wawrzyniec Tokarski

Nicht zum erstenmal rechnet der Berliner (in Danzig geborene) Künstler bei Karlheinz Meyer in der Lachnerstr. 7 mit Werbung bzw. den ästhetischen Konzepten einer hedonistisch geprägten Gesellschaft ab.

4. Meyer Riegger Galerie: Jan Mancuska

Der in Prag lebende Künstler - er vertrat während der 51. Biennale in Venedig die Tschechen und Slowaken im gemeinsamen Pavillon - platzierte einmal einen Stuhl vor einer Galeriewand. Dann, 800 Schüsse mit einer Schrotflinte. Was zurück blieb, nach der Entfernung des Stuhls, war dessen Silhouette. Mit solchen und ähnlich konzeptuell ausgerichteten Installationen fordert Jan Mancuska die Vorstellung des Nicht-Darstellbaren heraus. Das Nachdenken über die Konstruiertheit von vorher und nachher, von Wahrnehmung und "inneren" Bildern (Klauprechtstr. 22).

5. Galerie Rottloff: Michaela Kölmel/ Karlheinz Bux

Vor der Fassade der Friedrich-List-Schule: Fährt (oder besser: geht) man aus südöstlicher Richtung kommend in die Karlsruher City, begegnet man einer Stahlplastik. Diese ruht in sich. Wirkt aber gleichzeitig auch dynamisch. Macht einen stabilen Eindruck. Hat aber auch etwas Labiles. Diese Gegensätzlichkeit kann man erfahren (besser: man geht), indem man sich um die 18 m hohe Stele herumbewegt. Noch mehr von Karlheinz Bux gibt es in der Sophienstr. 105. Neben Skulpturen auch Zeichnungen im Lapidarstil. Gemeinsam mit Michaela Kölmels alchimistischen Kupferrohren.

6. Galerie Haus Schneider: Lustdust - Das Ende vom Lied

Geträumtes, Bizarres, Abgründiges, Melancholisches. Vorhänge mit floralen Mustern. Mit folkloristischen Motiven. Gabriele Basch hinterfragt Mythen, Klischees, Ideale. Für Beunruhigung des Denkens sorgt auch Wolfgang Kaiser. Objekte und Schriften werden an den verschiedensten Orten der Welt angebracht und anschließend fotografiert. Der veränderte Kontext verunsichert das gewohnte Bild (Lorenzstr. 20).

7. Galerie Seuren: Susanne Schossig

Von ihren Bildern (Feder und Tusche auf Transparentpapier) verlangt die Bremer Künstlerin - bereits 1998 war sie in der Galerie von Tempelhoff zu Gast - dass sie "still" sein sollen. Sämtliche Versuche der Deutung werden radikal durchkreuzt: Strukturen, deren Interpretation zu einer Gratwanderung zwischen dem Zufallsprinzip und einer unterstellten Kontrolle gezwungen wird (Waldstr. 42).

8. Galerie Supper: Inside

Eberstr. 14. Dort startet Dirk Supper seine neue, ambitionierte Galerie mit Fadenbildern von Monika Thiele, Werken des Frankfurter Künstlers Hide Nasu und Fotografien von Yi Jeon Heo: Nur vage lässt sich das Unheimliche dieser aus ausgeschnittenen Elementen zu verstörenden Szenen arrangierten Fotocollagen erahnen. Nur wenn man weiß, dass die Modelle ausschließlich Schaufensterpuppen sind, kann man begreifen, was diese Bilder mit der modernen Warenwelt zu tun haben: Die Übertreibung der Ähnlichkeit des Künstlichen mit dem Lebenden.