Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 03.2012
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Stadtmuseum und Literaturhaus

Planspiele

Zukunftspläne Stadtmuseum

Gerade wurde von vier Kulturmanagern und -experten eine Debatte losgetreten, die sich mit dem radikalen Umbau der Kulturförderung auseinandersetzt. Provozierend wird gefragt, ob nicht auch die Hälfte der sich in den vergangenen drei Jahrzehnten verdreifachten Anzahl an Museen in Deutschland genügen. Währenddessen denkt man in Karlsruhe intensiv über die umfassende Neugestaltung des Stadtmuseums nach, das im ersten Obergeschoss des zentralen Prinz-Max-Palais ein Schattendasein fristet. 1998 durchaus liebevoll eingerichtet, wirkt es heute trotz mancher Highlights einigermaßen verstaubt und unzeitgemäß. Fünf neu aufgestellte, knallgelbe Säulen sind zwar alles andere als eine Augenzier, stehen jedoch mit ihren multimedialen und interaktiven Displays für eine mögliche Zukunft des Museums. Freilich ist es absehbar, dass diese auch zum 300. Stadtgeburtstag noch in der Ferne liegen wird. Für die Klappe auf unterhielt sich Johannes Frisch mit Kulturamtsleiterin Dr. Susanne Asche und dem Museumsleiter Dr. Peter Pretsch über das Vorhaben.

Wer braucht ein Stadtmuseum´

Asche: Jede Stadt dieser Größe braucht ein Stadtmuseum, denn hier ist der alleinige Ort, wo sich die Geschichte einer Stadt präsentiert. Vor dem Hintergrund der Geschichte können gerade in der Begegnung mit den authentischen Objekten der Vergangenheit aktuelle Fragen diskutiert werden. Anders als ein virtuelles Museum oder auch die Beschäftigung mit einem Buch ist das Museum ein Ort der lebendigen Kommunikation, wo man sich über Dinge streiten oder auch einigen kann. Im Museum kann man Geschichte in ihren Materialitäten erspüren, selbst wenn man die Exponate nicht anfassen darf. Zudem hat das Museum wie auch jedes Archiv einen Sammlungsauftrag, d.h. mit dem Blick auf die Gegenwart entscheiden die Museumsfachleute, welche Materialien der Gegenwart aufbewahrt werden sollten, um in der Zukunft unsere Gegenwart als Geschichte präsentieren zu können.

Die in den 70er Jahren als Slogan entstandene Forderung „Kultur für alle“ sei gescheitert, ist eine der Hauptthesen der Verfasser des „Kulturinfarkts“. Welche Bevölkerungsgruppen erreicht das Stadtmuseum bisher und welche Gruppen würden Sie auf alle Fälle gerne in das Museum bekommen´

Pretsch: Bisher erreichen wir nur einen Teil der Karlsruherinnen und Karlsruher, die sich mit ihrer Stadt identifizieren. Zudem kommen viele Schulklassen, die das Museum als außerschulischen Lernort erleben. Wir möchten in Zukunft zudem die Neubürgerinnen und Neubürger ansprechen und ihnen die Geschichte ihrer neuen Heimat näher bringen.

Ein Stadtmuseum hat das Handicap, dass sich die Bewohner einer Kommune vielleicht einmal die Aufbereitung der Geschichte ihrer Stadt anschauen, das Museum des Weiteren aber links liegen lassen. Wie wollen Sie Menschen verstärkt dazu bringen, mehrmals ins Museum zu gehen´

Pretsch: Dies haben wir schon immer wieder mit recht gutem Erfolg durch unsere Sonderausstellungen erreicht, von denen wir in der Regel zwei pro Jahr anbieten. So hatte etwa die Präsentation über Carl Benz viele Menschen zu uns gelockt. Wir verfolgen nun aber auch eine neue Strategie, die mittlerweile von vielen Stadtmuseen angewandt wird, nämlich die der Partizipation am Museum. Das heißt, wir bitten die Bevölkerung gezielt, uns Exponate zur Verfügung zu stellen und uns bei der Erarbeitung von Ausstellungen zu unterstützen. Dies schafft schon von vornherein ein größeres Interesse am Museum.

Sie haben für die Entwicklung des Museums den Einbezug von Bürgerforen gewählt. Welche Menschen haben sich aus welchen Gründen daran beteiligt und welche Wünsche wurden formuliert´

Asche: Wir haben uns sehr genau überlegt, welche Bevölkerungsgruppen wir an diesem Prozess beteiligen wollen und haben Vertreter aus Wirtschaft, Kirchen, Medien und Jugendkultur, Bürgervereine und ausländische Kulturvereine sowie Kinder eingeladen und dadurch viele Anregungen bekommen. Alle wünschten, dass die stadtgeschichtliche Darstellung bis in die Gegenwart reichen und dass stärker als bisher aus der heutigen Perspektive die Geschichte befragt werden solle. Aus den vielfältigen Anregungen und unserem Historikerwissen heraus haben wir die fünf thematischen Säulen des Stadtmuseums der Zukunft formuliert, in die wir alle Bereiche des Stadtlebens integrieren können.

Ein erfolgreiches Stadtmuseum wie etwa das in München hat sich durch den langfristigen Aufbau von Spezialsammlungen etwa zum Puppentheater, zu Musikinstrumenten oder der Stadtgeschichte im Nationalsozialismus sehr attraktive Abteilungen geschaffen. Auf welche besonderen Highlights kann das Karlsruher Stadtmuseum zurückgreifen, um ein breiteres Publikum anzulocken´

Pretsch: Schon in der aktuellen Dauerausstellung sind so genannte Highlights zu finden wie das digitale Museum, das Gedenkbuch für die ermordeten Juden oder das Kino mit den Karlsruher Monatsspiegeln. Diese werden auch in der neuen Dauerausstellung ihren Platz finden. Weitere Highlights werden gerade erarbeitet. So ist etwa der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs für Karlsruhe weltweit ein Aushängeschild. So etwas sollten wir auch als Stadtmuseum vorstellen.

Ein Museum lebt immer auch mit seinen Räumlichkeiten und eine Veränderung des Stadtmuseums bedeutet auch eine räumliche Perspektive. Wie geeignet ist das Prinz-Max-Palais´ Welche Optionen gibt es, und in wieweit sind diese mit den Nachbarn im Prinz-Max-Palais abgestimmt´

Asche: Als stadthistorisch wichtiger Ort ist das Prinz-Max-Palais natürlich hervorragend geeignet. Zunächst war es das reich geschmückte Haus eines Kaufmanns, dann residierte hier Prinz Max von Baden und schließlich beherbergte es das Bundesverfassungsgericht, eines der für unsere Demokratie wichtigsten Einrichtungen. Die Frage des Raumes ist gestellt und es gibt noch überhaupt keine Antwort darauf. Aber es ist klar, dass jede Antwort, die es geben wird, mit den Nachbarn im Haus abgestimmt sein muss. Sollte eine Einrichtung ausziehen müssen, muss natürlich gewährleistet sein, dass sie adäquate Räumlichkeiten erhält.

Als erste der für das Stadtmuseum der Zukunft anvisierten inhaltlichen Säulen wurden die Themen „Migration und Internationalität“ gewählt. Inwieweit kann eine Einrichtung wie das Stadtmuseum selbst zur Integration der Bevölkerung einer Stadt beitragen´

Pretsch: Indem das Stadtmuseum den Neubürgerinnen und Neubürgern, die in Karlsruhe schon lange die Mehrheit stellen, die Geschichte ihres neuen Wohnorts nahe bringt, leistet es einen Beitrag zur Identifizierung mit dem neuen Lebensort und schafft damit Identität. Indem wir in partizipativen Prozessen die Bürgerschaft und ihre Interessen ernst nehmen und einbeziehen, schaffen wir Interesse an der Gemeinschaft. Dabei muss man die Aufgabe des Museums auch als Bildungsauftrag begreifen.


Zukunftspläne Literaturmuseum

Das Kino ist zwar längst aus dem Kellergeschoss des Prinz-Max-Palais ausgezogen, doch derzeit teilt sich das Stadtmuseum das Gebäude noch mit der Kinder- und Jugendbibliothek und der Literarischen Gesellschaft mit ihrem Museum für Literatur am Oberrhein. Aufmerksam beobachtet der Leiter des Literaturmuseums Hansgeorg Schmidt-Bergmann vom zweiten Obergeschoss aus die Entwicklung im Haus. Klappe Auf sprach mit dem Literaturprofessor.

Ausgehend von der provozierenden These, dass wir zu viele Museen in Deutschland hätten, die Frage: Wer braucht ein Literaturmuseum´

Schmidt-Bergmann: Das ist eine gute Frage. Richtig ist, dass sich die Ansprüche an ein Museum ändern müssen. Wir haben daher das Museum für Literatur am Oberrhein zu einer lebendigen Spielstätte werden lassen, wo sich gegenwärtige Literatur und Tradition optimal begegnen. Wir wünschen uns ein Literaturhaus für Karlsruhe im Zusammenspiel mit einem Kinder- und Jugendliteraturhaus.

Mit welchen Gefühlen betrachten Sie die Änderungsvorhaben des Stadtmuseums´

Schmidt-Bergmann: Mit großem Wohlwollen. Wir hoffen sehr, dass eine öffentliche Diskussion, die es bisher noch nicht gibt, zu einer optimalen Lösung für alle Beteiligten führt. Bisher wird mit uns darüber noch nicht gesprochen und die Diskussion fokussiert sich einseitig auf das Prinz-Max-Palais. Ich denke, das sollte so nicht sein.

Wenn im Zuge der Entwicklung das Literaturmuseum aus dem Palais ausziehen müsste, was wären die gewünschten Bedingungen an ein neues Domizil´

Schmidt-Bergmann: Der ideale Platz für ein Literaturhaus ist auf alle Fälle in der Innenstadt, ein Ort mit einem Buchcafé, der an jedem Abend bespielt werden kann.