Er lebt im tiefsten Südschwarzwald, aber die verwunschene Natur hat nichts damit zu tun, dass er sich beim Schreiben in märchenhafte Fantasie-Welten begibt. Als Jo Zybell ist er erfolgreicher Autor von Fantasyliteratur und tut eine Arbeit, die der in Karlsruhe aufgewachsene Thomas Ziebula nüchtern sieht: Geben Sie mir drei Stichworte, und ich schreibe Ihnen eine Geschichte. Das kann ich ziemlich gut.
Zum Broterwerb hatte der vierfache Familienvater bei der Fantasy angedockt, zuvor hatte er für Groschenhefte Western- und Kriminalromane geschrieben. Nach zigtausend für die Stange geschriebener Seiten hat Jo Zybell nun ein Fantasy-Epos beim renommierten Hoffmann und Campe-Verlag vorgelegt, das sich einerseits von der massenhaften Trivial-Produktion abhebt, andererseits aber das Genre ohne die gängigen Klischees bedienen will. Meine Fantasien sind postapokalyptisch, sagt Zybell, der mit dem Schreiben von Fantasy in der Großstadt begann. Wenn er durch die Straßen geht und sich vorstellt, wie es hier wohl in 1000 oder 2000 Jahren aussehen wird, weckt das in ihm Bilder, die unsere hochtechnisierte Welt hinter sich lassen und von deutlichem Zivilsationspessimismus zeugen. So auch sein Roman Die Tochter der Goldzeit, in dem zwei Gruppen um das Erbe der untergegangenen Menschheit streiten. Die eine, die es wiedererwecken will, und die andere, der die Menschen immer noch nicht reif genug erscheinen:
Im Grunde geht es um den Zweifel, dass der Mensch das, was er zustande bringt, auch beherrschen kann. Dass er diese Skepsis in fantastische Geschichten verpackt, hängt damit zusammen, dass Jo Zybell nun eben ein Fantasy-Autor ist. In der Szene besitzt er eine Fangemeinde, wie der Blick in einschlägige Foren zeigt. Vor über zehn Jahren hob er die Maddrax-Serie mit aus der Taufe und ist seither einer der Hauptautoren dieser Zukunfts-Serie. 2001 erhielt er den Deutschen Phantastik-Preis als bester Autor. Seine Leser beobachten ihn genau: Die Fantasy-Szene ist eigentlich nicht so mein Ding, ich habe früher schon mal in diese Foren geschaut, es dann aber irgendwann aufgegeben, sagt Thomas Ziebula und fügt hinzu: ein schwerer Fehler! So war an ihm eine intensiv geführte Diskussion über eine seiner Figuren entgangen, die von Autoren-Kollegen in eine bestimmte Richtung weiterentwickelt worden war. Da hatte einer einen sehr guten, tiefgründigen Aufsatz über meine Figuren geschrieben, den ich erst nach einem Jahr mitbekommen habe.
Schreiben und Erfinden beschäftigt Thomas Ziebula, seit er denken kann: Ich habe mir als Kind die Angst damit vertrieben, dass ich meinen Geschwistern Geschichten erzählte und Tagebuch schrieb. Mit einem Gedicht habe ich mein erstes Geld verdient. Beim Schreiben ist der Mittfünfziger ein Routinier, keine Frage - doch auch er kämpft mit der Materie. Wenn man mit Leidenschaft schreibt, bringt man immer auch seine Weltsicht ein, aber wenn ich meine eigenen Sachen schreibe, geht es mir sehr um den Ausdruck. Und darum, nicht nur die eingeschworene Gemeinde zu befriedigen, sondern auch Leser zu finden, die eigentlich in diesem Genre nicht zu Hause sind. Da kann man keine zehn Seiten am Tag schreiben. Um die Zeit, die ich dafür investiert habe, angemessen bezahlt zu bekommen, müsste ich wohl 40.000 Exemplare der Tochter der Goldzeit verkaufen, lacht Ziebula, wenn ein Fünftel davon über den Ladentisch ginge, wäre das auch schon ein großer Erfolg. jf