Du Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins: Sag Nein! Mit dem Appell des Dichters Wolfgang Borchert setzt sich derzeit eine Initiative der Gewerkschaft ver.di und des Betriebsrats des Forschungszentrums Karlsruhe (FZK) dafür ein, dass der Ausschluss militärischer und zivil-militärischer Forschungsziele, wie er bisher für das frühere Kernforschungszentrum galt, auch in die Satzung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) eingeht. Der Partner des aus der Fusion mit dem FZK entstehenden KIT, die Universität Karlsruhe, hatte eine solche Zivilklausel bisher nicht.
Durch den Zusammenschluss von Forschungszentrum und Universität im KIT soll eine Institution international herausragender Forschung und Lehre in den Natur- und Ingenieurwissenschaften entstehen, in der insgesamt rund 8000 Beschäftigte mit einem jährlichen Budget von 700 Millionen Euro arbeiten. Im Zusammenwirken von Bund und Land Baden-Württemberg werden derzeit die Eckpunkte und gemeinsamen Richtlinien für das auf Forschung, Lehre und Innovation setzenden Großunternehmens ausformuliert. In einem öffentlichen Gespräch mit Wissenschaftsminister Peter Frankenberg versucht die Initiative auf diese Eckpunkte dahingehend Einfluss zu nehmen, dass am KIT künftig keine militärischen Forschungen betrieben werden. Man wolle ein Zeichen setzen, so der Sprecher der Initiative, Dietrich Schulze, ein Karlsruher Friedensaktivist und bis zu seinem Ruhestand mehr als zwei Jahrzehnte Betriebsratsvorsitzender im Forschungszentrum Karlsruhe.
Gerade in der Ausbildung junger Menschen sei es wichtig zu signalisieren, dass man generell von militärischem Vorgehen abrücken sollte und Konflikte jeglicher Art mit nichtmilitärischen Mittel zu lösen lernen müsse. Weltpolizeiliche Aufgaben müsse man den UNO-Blauhelmen überlassen und Forschung mit militärischer Zielsetzung gehöre an die einschlägigen Einrichtungen wie etwa die Bundeswehrhochschule in München, so Schulze. Auf Anfrage der Gewerkschaft hatte der Karlsruher Unirektor Horst Hippler eingeräumt, dass man in Karlsruhe an einem vom Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr geförderten Projekt forsche, und damit an militärischer, beziehungsweise zivil-militärischer Forschung partizipiere.
Dass an einer Universität Grundlagenforschung betrieben werde, die auch von militärischer Seite genutzt und eingesetzt werde, könne und wolle man nicht verhindern, so Schulze, sobald jedoch eine militärische Auftraggebung ins Spiel komme, sieht er Freiheit von Forschung und Lehre eingeschränkt, da bei militärischer Forschung unweigerlich Geheimhaltungsauflagen und Veröffentlichungsverbote ins Spiel kämen. Das haben wir in Zeiten des amerikanischen SDI-Programmes deutlich zu spüren bekommen, dass etwa bei internationalen Physikerkonferenzen überhaupt kein Austausch mit den amerikanischen Kollegen mehr möglich war. Dies behindere die Forschung, was im Endeffekt die an militärische Auflagen gebundenen Amerikaner bald ins Hintertreffen brachte, so der Gewerkschafter und Wissenschaftler, der sagt, er wisse auch den Vorstand des Forschungszentrum auf seiner Seite.
An der Universität versteht man die Brisanz der Initiative nicht. Elisabeth Zuber-Knost, Pressesprecherin der Universität und nun auch des KIT, betont, dass alles beim Gewohnten bleiben solle, am Forschungszentrum - so die Vorstellungen der Universität - werde weiterhin unter der Zivilklausel geforscht, an der Universität hingegen verbiete die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Forschung und Lehre jede Einschränkung, auch jene eines Verzichts auf militärische Anwendungsziele. Es sei gerade die Stärke des KIT, mit der Beibehaltung von zwei unterschiedlichen Missionen die Stärken der beiden Partner zusammenzubringen, die vorsorge orientierte Programmforschung des Forschungszentrums und die der freien Forschung, dem Studium und der Lehre gewidmeten Aufgaben der Universität.
Zur seit Jahren vor allem von CDU-Vertretern vertretenen Auslegung, dass das Grundgesetz einen Verzicht auf Militärforschung im Bereich der Universitäten verbiete, hat ver.di ein verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag gegeben, das in den kommenden Wochen über diesen Punkt Klarheit bringen soll. Ungeachtet dessen gilt es für die Gewerkschafts-Initiative nun auf verschiedenen Ebenen, bei Studierenden und Lehrenden, politischen Entscheidungsträgern und den zuständigen Gremien Überzeugungsarbeit zu leisten, wenn ihre Forderung, dass dort wo junge Menschen ausgebildet werden, militärisches Vorgehen nicht als Option behandelt werden dürfe, an der Karlsruher Universität als markantes Signal umgesetzt werden soll. Der Gesprächstermin mit Minister Frankenberg steht noch aus. -jf