Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 07.2008
Verschiedenes Meldungen

 

Walter Casazza

U-Strab und Umgangsformen

Seit zwei Jahren ist Dr. Walter Casazza Herr der Karlsruher Straßenbahnen. Ohne größere Schwierigkeiten trat der Österreicher in die großen Fußstapfen seines Vorgängers Dieter Ludwig, der das Karlsruher Nahverkehrssystem zum internationalen Vorbild gemacht hatte, zuletzt in der Bevölkerung durch seine unermüdliche Ausbaupolitik, aber auch in die Kritik geraten war. Sichtlich Spaß hat Casazza an der beruflichen Herausforderung, und auch mit der neuen Heimatstadt sind der fünffache Vater und seine Familie sehr zufrieden. Klappe Auf sprach mit Casazza über die subjektive Sicherheit in Straßenbahnen und andere Reizthemen.


Herr Casazza, wann sind sie zum letzten Mal samstagnachts Straßenbahn gefahren und was für ein Erlebnis war das´

Casazza: Das war dienstlich bei einer Aktion, wo es um die Zusammenarbeit von Polizei und Fahrscheinprüfern ging. Ich wollte mir einen Eindruck davon verschaffen, wie die Situation ist und stieß auf eine entspannte Atmosphäre. Es war viel los in der Stadt und es wurde mir klar, dass Mobilität auch in der Nacht sehr wichtig ist. Daher ist es mein Ziel, das Nachtnetzangebot weiter zu verbessern, und ich denke an den 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen in Karlsruhe.

Die Mission „Gutes Benehmen“ in der Straßenbahn hat etwas Rührendes. Leider ist es nicht mehr selbstverständlich, dass man in der Öffentlichkeit nicht lautstark telefoniert oder Musik hört, dass man älteren Menschen den Sitzplatz überlässt und keine Sauf- und Fressgelage in der Bahn veranstaltet. Aber glauben Sie, dass die neuen Hinweisschilder oder die Lautsprechernachhilfe mit dem Spruch „Überlassen Sie bitte den Sitzplatz Mobilitätseingeschränkten Fahrgästen“ etwas bewirken´

Casazza: Viele haben heute diese Dinge in ihrer Erziehung nicht mehr so mitbekommen. Ich gehe schon davon aus, dass es etwas bewirkt, wenn wir daran erinnern. Wir tun das ja nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern wollen Verständnis wecken. Unsere Fahrscheinprüfer haben die Aufgabe, wenn sie Fehlverhalten beobachten, diesem entgegenzuwirken, und nötigenfalls auch Fahrgäste zu verweisen.

Seit April herrscht in den Bahnen Alkoholverbot. Haben Sie das Personal angewiesen dies durchzusetzen, und wie oft wurden deswegen bereits Verweise ausgesprochen´

Casazza: Unsere Fahrscheinprüfer arbeiten hier verstärkt mit verdeckten Polizisten zusammen. Das in den Bahnen zurückbleibende Leergut, das unsere Putzdienste einsammeln, belegt einen Rückgang von Alkoholischem. Wir haben unsere Präsenz deutlich erhöht und erzielen damit Erfolge, auch wenn das natürlich bei Großereignissen wie KSC-Spielen oder demnächst beim Fest schon schwieriger ist. Aber man muss Schritt für Schritt gehen und das Bewusstsein schaffen.

Welche Verhaltensanweisung gibt es für StraßenbahnfahrerInnen, wenn sich Gruppen angetrunkener und möglicherweise aggressiver Fahrgäste lautstark in der Bahn breit machen. Welche Möglichkeiten bestehen hier, ohne dass sich die FahrerInnen selbst in Gefahr bringen oder sich die KVV der Untätigkeit schuldig macht´

Casazza: Wenn Fahrer etwas Bedrohliches beobachten, ist das oberste Gebot, die Leitstelle zu benachrichtigen, die dann die Exekutive anfordert. Keinesfalls sollen FahrerInnen direkt in die Handlung eingreifen, weil sie hier alleine in ernstere Probleme geraten könnten, womit keinem gedient wäre. Bei den 40 Meter langen Zügen und der Konzentration auf das Fahren, bekommen Fahrer aber auch nicht immer alles mit, was in einem Wagen passiert. Da sind sie auf die Mithilfe der Fahrgäste angewiesen, die freilich auch direkt die Polizei verständigen können. Wir haben deshalb ein Notruf 110-Piktogramm mit aufgenommen, weil es nicht jedermanns Sache ist, zum Fahrer nach vorne zu gehen und als Anschwärzer dazustehen.

Haben die Überwachungskameras, die in einigen Bahnen installiert sind, schon einmal irgendetwas erfasst, was dann für Randalierer zu Konsequenzen führte´

Casazza: Der Vandalismus ist dadurch stark zurückgegangen, und wo er dennoch verübt wird, steigt die Aufklärungsrate, wie in einem Fall an der Europahalle, wo Scheiben eingeschlagen wurden und die Polizei den Fall 100-prozentig aufklären konnte. Doch das Vorbeugen ist der Hauptpunkt. Wir haben keine online-Überwachung aus Gründen des Datenschutzes, der uns sehr wichtig ist. Wir nutzen das Material nur, wenn etwas vorgefallen ist, damit wir stichhaltige Beweise führen können.

In Karlsruhe ist die Mitnahme von Fahrrädern in den Straßenbahnen außerhalb den werktäglichen Morgenstunden zwischen 6 und 9 Uhr unentgeltlich gestattet, was in jüngerer Zeit bei vollen Bahnen zu Unmut bei Fahrgästen ohne Rad führt. Die Straßenbahnen sind für eine Fahrrad-Mitnahme sehr unterschiedlich geeignet, wie kann diese Situation in nächster Zeit verbessert werden´

Casazza: Ich gehe davon aus, dass Vernunft und gegenseitiges Verständnis von Fahrradfahrern und anderen Fahrgästen ein konfliktfreies Miteinander fahren ermöglichen sollten. Im innerstädtischen Bereich sollten Fahrradfahrer überlegen, ob sie die Strecke nicht auch selbst zurücklegen können, was in der Regel ja angenehm ist. Und bei einem möglichen Gewitterregen und vollen Bahnen, sollte man das Rad vielleicht auch stehen lassen, mit der Bahn fahren und anderntags wieder abholen.

Derzeit soll die Umsetzung der anstehenden Kombilösung, die eine Untertunnelung der Kaiserstraße mit einer Straßenbahn durch die Kriegstraße verbinden will, mit einer Imagekampagne den BürgerInnen schmackhaft gemacht werden. Gegner werfen den Betreibern vor, dass sie mit einer nur unwesentlich korrigierten Kostenrechnung aus dem Jahr 2002 die Bürger täuschen, während andernorts öffentliche Bauvorhaben die Kosten explodieren lassen. Wie glaubhaft sind die seit Jahren im Raum stehenden 500 Millionen Euro´

Casazza: Erstens stammen die Zahlen aus dem Jahr 2004 und zweitens haben wir sie extern überprüfen lassen und derzeit keine Hinweise auf eine nennenswerte Kostensteigerung. Auch in der momentan laufenden Prüfung durch die Zuwendungsgeber werden die Kosten gecheckt. Genaueres weiß man erst in einem Jahr, wenn die Angebote der Baufirmen vorliegen, sich vorher zu äußern wäre Kaffeesatzleserei.

Ein großer Streitpunkt ist die Reihenfolge, in der die Kombilösung umgesetzt werden soll. Was spricht denn aus Ihrer Sicht dagegen, mit den Kriegsstraßenplänen zu beginnen, auf die sich wohl die Mehrheit einigen könnte´

Casazza: Das sehe ich nicht so. Wir haben diese Frage von einem unabhängigen und renommierten Unternehmen überprüfen lassen, und es ist eindeutig belegbar, dass der größte Verkehrsnutzen von der Kaiserstraßenuntertunnelung ausgeht. Hier werden auch die größten Investitionen verbaut. Damit werden wir schneller und kommen mit höherer Kapazität durch die Stadt und können bereits 2016 die Kaiserstraße bedeutend entlasten. Der öffentliche Nahverkehr wird damit noch ein großes Stück attraktiver. Die Straßenbahn in der Kriegsstraße ergänzt unsere Netzentwicklung und ist ebenfalls unentbehrlich.

Anders als Ihr Vorgänger Dieter Ludwig, der Bauarbeiten wie Gleiserneuerungen nach Möglichkeit nächtens außerhalb der Betriebszeiten der Bahnen durchführen ließ, hatten die Karlsruher KVV- KundInnen in jüngerer Zeit erhebliche Unannehmlichkeiten durch Renovierungsmaßnahmen hinzunehmen. Warum wählen Sie diesen Weg´

Casazza: Es hat sich gezeigt, dass mit der bisherigen Art der Sanierung die Probleme nicht beseitigt wurden. Daher haben wir uns zu einer gründlicheren und nachhaltigen Erneuerung entschlossen. Das wurde durch unsere intensive Informationen und den bisher vorhandenen Erfahrungswerten auch von der Bevölkerung akzeptiert.


Für 1 Euro täglich Bahn und Busfahren > Während Autofahren immer teurer wird bietet der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) in diesem Sommer eine unschlagbar günstige „„SommerCard“ an. Für insgesamt nur 90 Euro kann man von Juli bis September ein Vierteljahr lang alle Stadt- und Straßenbahnen sowie alle Busse im gesamten Netz des KVV nutzen, was umgerechnet nur einen Euro pro Tag bedeutet. Die „SommerCard“ ist ab 1. Juli ausschließlich in den Kundenzentren des KVV erhältlich. Egal ob zur Schule, Arbeit, Einkaufen oder zu Ausflügen in die Pfalz, in den Schwarzwald oder ins Kraichgau – billiger kommt man nirgends hin! Autofahrern reichen die 90 Euro gerade mal für zwei Tankfüllungen!

Kostenlose Ausflugsbroschüren > Fünf kostenlose Ausflugsbroschüren des KVV führen zu 182 Natur- und Kulturzielen in den Regionen Albtal, Pfalz, Rebland, Murgtal und Enztal. Genaue Anreisebeschreibungen, Einkehrtipps vor Ort, Kontaktadressen sowie Öffnungszeiten der Angebote runden die Informationen ab. Weitere Ausflugstipps stehen im Veranstaltungskalender „Kraichgau, Heilbronner Land, Hohenlohe“ und in dem Heft „Stadtbahnwandern“. Alle Broschüren liegen in den Kundenzentren des KVV aus und können unter www.kvv.de heruntergeladen werden.

Weiterführende Links

Weitere Infos