Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 12.2007
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Markus Hechtle

Komponist präsentiert Porträtalbum

Markus Hechtle, geboren 1967, ist als Komponist der mittleren Generation kürzlich mit dem hoch angesehenen Siemens-Förderpreis ausgezeichnet worden, ein Ritterschlag für den Komponisten, kürzlich ist eine erste CD mit gesammelten Werken erschienen. Mit Markus Hechtle sprach Matthias Kehle.

´: In Karlsruhe leben besonders viele zeitgenössische Komponisten - woran liegt das´

Hechtle: In der Tat, es leben einige Komponistinnen und Komponisten in Karlsruhe. Viele davon im Durchgang, das heißt, sie studieren an der Musikhochschule bei Wolfgang Rihm, oder arbeiten zeitweise am ZKM, das ihnen die Möglichkeit bietet, Projekte insbesondere im Bereich der elektronischen Musik zu realisieren. Man kann wirklich sagen, dass in Karlsruhe Komponisten aus allen Kontinenten versammelt sind, und das befördert ein sehr fruchtbares, anregendes Klima. Und für die Komponisten, die wie ich dauerhaft hier leben, ist das sowieso wunderbar, denn da können wir viel lernen und erfahren. Für mich sind solche Begegnungen jedenfalls enorm wichtig und ich bin sehr dankbar dafür.

´: Wann wurde zum letzten Mal ein Stück von Dir in Karlsruhe aufgeführt´
Hechtle: Meine letzte Aufführung in Karlsruhe liegt tatsächlich schon einige Jahre zurück, aber das liegt nicht daran, dass es keine Aufführungsmöglichkeiten gäbe. Die Musikhochschule und das ZKM veranstalten doch gute Konzerte und Konzertreihen. Dass Manfred Reichert nach Jahrzehnten hervorragender Arbeit jetzt aufhört, ist natürlich außerordentlich schade. Seine charakteristische Handschrift wird nicht fortgeschrieben werden können, aber es wäre sehr wichtig, dass es - in welcher Form auch immer - eine Fortführung gibt. Da steht die Stadt sowohl als ideelle, wie auch als finanzielle Unterstützerin in der Pflicht. Ein interessiertes Publikum wartet jedenfalls schon vor der Tür.

´: Was bedeutet für Dich der Siemens-Förderpreis´
Hechtle: Es ist immer schön, Anerkennung für seine Arbeit zu bekommen. Darüber hinaus genießt dieser Preis ein hohes internationales Ansehen und greift mir auch finanziell unter die Arme. Bei aller Freude vergesse ich aber nicht, dass solche Preise und Auszeichnungen immer auch ein wenig Glückssache sind, also von vielen Faktoren abhängen, die nicht nur mit der eigenen Arbeit zu tun haben.

´: Wie würdest Du Deine Kompositionen selbst beschreiben´
Hechtle: Das ist eine ungeheuer schwer zu beantwortende Frage, da sprachliche Beschreibungen vor Musik fast immer kapitulieren müssen. Außerdem klingen Selbstbeschreibungen von Komponisten meist mehr nach Wunschzetteln. Insofern: Ich wünsche mir, dass meine Musik den Hörer trifft, ihm etwas erzählt, ihm etwas gibt, ihm etwas mitteilt, etwas in ihm auslöst oder löst. Wenn das gelingt, bin ich bereits sehr glücklich.

´: Weshalb arbeitest Du im wesentlichen mit klassischen Instrumenten´
Hechtle: Ich liebe die klassischen Instrumente, und ich liebe die Arbeit mit Menschen. Ich bin auf die Kunst der Interpreten angewiesen, nicht nur, weil sie meine Musik zur Welt bringen, sondern weil ich durch die Interpreten ungeheuer viel lerne, weil sie auch Korrektiv für mich sind, weil ich durch sie die Welt und meine eigene Musik mit anderen Ohren hören darf.

´: Zeitgenössische Musik scheint in der letzten Zeit ein Boom zu erleben. Woran liegt das´
Hechtle: Vielleicht liegt es auch daran, dass die Neue Musik so langsam in der Lage zu sein scheint, ihr elitäres Schutzmäntelchen an den Nagel zu hängen und sich dem Publikum ungeschützter und offener zu präsentieren. Und das wird in menschlichen Beziehungen eben sofort honoriert: gehe ich ungeschützt auf Dich zu, bist Du auch offen für mich und das, was ich zu sagen habe. In der Regel jedenfalls.

CD: Markus Hechtle
Musik aus den Jahren 1999 bis 2005 umfasst das Porträtalbum, das sich dem mittlerweile weithin beachteten Karlsruher Komponisten widmet. Wie sein Lehrer Wolfgang Rihm entzieht sich Markus Hechtle den musikalischen Stilschubladen und bewegt sich stattdessen in einem nach vielen Seiten hin offenen musikalischen Kosmos, der selbst Anklänge an volksmusikalische, etwa tangoeske Elemente oder verzerrte Rockgitarrensoli nicht ausschließt. Bei aller Unterschiedlichkeit der fünf ausgewählten Werke - zwei davon basieren auf Gedichten und sind stimmorientiert - durchzieht ein ausgeprägter Sinn für dramaturgische Spamnnungsbögen und die beständige Suche nach fein ausgehörten Zusammenklängen das Album, das den Zugang zu zeitgenössischer Komposition leicht macht, weil die darauf enthaltene Musik nicht verkopften Konzepten sondern eher einem intuiven Fluss zu folgen scheint, der auch bei überraschenden Wendungen organisch bleibt. jf
Markus Hechtle, Edition Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrats, WERGO 6570 2