Hört man, wie Heidegger, auf die Sprache, dann spricht sie im Wort Raum vom räumen, roden, die Wildnis freimachen für das Siedeln und Wohnen der Menschen. Von dem Bemühen, den Raum zu reflektieren und Arbeiten zu schaffen, die in der Lage sind, einen anderen Raum zu stiften (die Kunst und die wissenschaftliche Welterfassung betrachten den Raum in verschiedener Absicht auf verschiedene Weise) sind die Arbeiten von Günter Tuzina geprägt. Ausgangspunkt seiner "Untersuchungen", die beeinflusst sind von der "Hard Edge"-Malerei, die einfache geometrische Figuren mit klar begrenzten Farbzonen verwendete (Anti-Expressionismus, Anti-Psychologismus), sind Linien und Farbe. Ein reduziertes Vokabular, um - wie gesagt - eine andere Anschauung des Raums in Gang zu setzen. Tuzina bringt mit durch Mittellinien und Diagonalen geteilten Rechtecken eine Aura ins Spiel, die sich mit der Aura der Leere von fernöstlichen Mandalas vergleichen lässt. Eine wichtige Rolle spielt dabei, genau wie bei Elsworth Kelly, dem wohl bekanntesten "Hard Edge"-Maler, die Synthese von Raum und Rechteck. Tuzinas Bilder verändern den Raum, die Architektur. Sie ergeben eine neue Einheit. Vor allem aufgrund der Illusion, innerhalb dieser Rechtecke befinde sich ein eigener Raum.
Diese "Ein-Bildung" hat mit der Tendenz des Menschen zu tun, Unbekanntes auf Bekanntes zurückzuführen. Günter Tuzina bringt diese Tendenz ins Spiel, mit ganz, ganz einfachen Mitteln - aber virtuos und raffiniert. Der Raum wird belebt. Er wird Teil der Kunst.
Was entsteht, ist die Bereitschaft, den Raum aufmerksamer und achtsamer zu würdigen. Etwa durch wiederholtes Anschauen. Das ist nicht viel. Aber immerhin die Voraussetzung dafür, die eigene Welterfahrung wichtiger zu erachten als das "fast food" der kommerziellen Bilder.
(Günter Tuzina, Galerie Karlheinz Meyer, 4.5.-1-6.)