Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 05.2007
Verschiedenes Herbies Cartoon

 

Comedy-Szene -öffentlich Selbstbefriedigung

Was müssen die Herren Kalkofe, Pastewka und Welke gelacht haben, als sie zusammen das Drehbuch zu „Neues vom Wixxer“ ausheckten. Der Spaß überträgt sich leider nicht unmittelbar auf die Zuschauer ihres Gemeinschaftswerkes, es sei denn, man kommt mit großer Lachbereitschaft und einigem Alkohol im Blut ins Kino. Dann findet man es wahrscheinlich saukomisch, wie Chris Howland als Butler sich erstmal selbst den stärkenden Schluck genehmigt, der eigentlich seiner in Ohnmacht fallenden Herrin zugedacht ist. Dann fällt einem vielleicht auch gar nicht ein, dass man Varianten dieses Gags schon oft gesehen hat. Es gibt nichts Neues unter der Sonne und schon gar nicht in der deutschen Comedy-Szene.
So gesehen ist der Titel „Wixxer“ mehr als ein albernes Wortspiel, er ist Programm. Diese Komik hat nichts Originäres und Originelles mehr, hier wird öffentlich Selbstbefriedigung getrieben. Die Wichsvorlagen liefern die kulturellen Versatzstücke der eigenen Kindheit und Jugend, die Fernseh- und Kinoerfahrungen vor allem. So wird recyclet, was eigentlich schon auf dem Müll der Mediengeschichte gelandet ist, so erlebt, was einst (mehr oder weniger) ernstgemeint war, seine Wiederauferstehung als komische Nummer mit dem Nebeneffekt, dass auch ein paar Halb- und Scheintote der deutschen Fernsehunterhaltung sich noch einmal auf der Leinwand tummeln dürfen. Aber wohin soll das führen´

Werden in dreißig und vierzig Jahren Scherzbolde, die jetzt als Dreikäsehochs erstmals unbeaufbesichtigt ins Kino gehen dürfen, ihre tollen Kindheitserlebnisse mit den Wixxer-Filmen in einem Film verbraten, in dem ein noch namenloser Jungkomiker Christoph Maria Herbst parodiert, wie er als Irrenhauswärter Hatler Hitler parodiert und Frank Sinatras „My Way“ in Grund und Boden singt´ Vielleicht tritt dann der hundertjährige Joachim Fuchsberger als Geist von Lord Bingham in Erscheinung, der ja wiederum nur die Reinkarnation des Scotland-Yard-Inspektors ist, der in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Lichtgestalt in den Edgar-Wallace-Filmen war, in den billig produzierten Nachzüglern von Opa Kinos, die etwas Aufregung in die anscheinend ansonsten recht trostlosen Kindheiten der mittlerweile in die Jahre gekommenen Kindsköpfe Kalkofe und Welke gebracht haben. Kann nur sein, dass die Scherze und Pointen dann so aussehen wie die Mama von Norman Bates (kleine Belehrung für Nachgeborene: das ist der „Held“ aus Hitchcocks „Psycho“ , auf den ebenfalls im neuen „Wixxer“-Film angespielt wird): Alt, alt, furchtbar alt.

„Neues vom Wixxer“ ist symptomatisch für eine Unterhaltungsindustrie, der die originären Gags ausgehen, und das ist ein globales Phänomen. Selbst in den mittlerweile en masse produzierten computergenerierten 3 D-Animationsfilmen tobt sich eine junge Filmemachergeneration aus, die Kindheit und Jugend überwiegend vor dem Fernseher oder im Kino verbracht hat und deren inhaltliche Kreativität sich fast erschöpft in einer Fülle von Zitaten und Anspielungen, die weit über die Köpfe eines kindlichen Publikums hinauszielen, das neueste Beispiel hierfür ist die Disney-Produktion „Triff die Robinsons“ in der die eigentliche Geschichte fast verschwindet hinter dem mehr oder minder virtuosen Zitieren der neuen und älteren Filmgeschichte.

Und selbst die (nicht zu Unrecht) vielgelobten Pixar-Studios haben sich für ihre Erfolgsfilme „Das große Krabbeln“(Vorbild: Das Western-Epos „Die glorreichen Sieben“, das wiederum von Kurosawas „Sieben Samurai“ abgekupfert wurde) und „Cars“(die unterschätzte Komödie „Doc Hollywood“ lässt schön grüßen) großzügig aus der Filmkiste bedient. Die älteren Kinogänger, die in etwa dieselbe Sozialisation haben wie die Filmemacher können dann mitmachen beim heiteren Filmquiz, bei dem freilich kein Blumentopf zu gewinnen ist.

Es ist nicht so, dass es dabei überhaupt nichts mehr zu lachen gäbe, – schließlich kommt es immer noch drauf an, was man daraus macht (die neue Blockbuster-Veralberung „Fantastic Movie“ zeigt, wie wenig man daraus machen kann) - und dennoch als Symptom einer Kulturindustrie, die sich ständig selbst reproduziert, die das wiederkäut, was doch eigentlich schon gegessen ist, stimmt es eher traurig. Von den Prequels und Sequels , die in den letzten Jahren in Mode gekommen sind, und von den zahlreichen Remakes im Film- und Musikgeschäft gar nicht zu reden.

„Öfter mal was Neues!“ möchte man da ausrufen. Aber woher nehmen und nicht stehlen´ Noch trauriger stimmt die Erkenntnis, dass es offenbar keine Komik mehr gibt, die sich von selbst versteht, die außerhalb eines bestimmten Kulturkreises noch verständlich ist.
Ein Charlie Chaplin oder ein Buster Keaton brachten die Leute überall auf der Welt zum Lachen. Die Gags von, Kalkofe und Co., aber auch von Otto und anderen deutschen Comedy-Zwergen sind außerhalb des deutschen Sprach- und Kulturkreises fast völlig unverständlich. Wichsen ist eben so oder so ein Vergnügen mit begrenzter Ausstrahlung.

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