Neu aufgestellt präsentieren sich in diesem Jahr die ARD Hörspieltage. Das Programm verspricht unter dem Slogan "Mehr Live! Mehr Lametta!! Mehr Hörspiel!!!" viel, ist mit prominenten Namen wie Matthias Brandt, Lars Eidinger und den Sternen attraktiv bestückt, doch fehlt ein Programmpunkt, der bisher das Herzstück der Veranstaltung ausmachte.
Seit 20 Jahren gibt es dieses Fest für das Hörspiel, seit 2006 ist es mit Karlsruhe und dem ZKM als Veranstaltungsort verknüpft. Das Hörspiel als Kunstform, die 1924 erstmals in England und kurz darauf auch in Deutschland über den Äther ging, ist mit der Geschichte des Radios eng verknüpft, und da dieses in Deutschland sparen muss, ist damit auch das Hörspiel in den vergangenen Monaten ins Gespräch gerückt: "Versemmelt die ARD die Zukunft des Hörspiels?" titelte etwa die Süddeutsche Zeitung und verhieß nichts Gutes für das Flaggschiff der Hörkunst.
Dabei geht es dem Hörspiel gar nicht schlecht. Jeder dritte in der ARD-Mediathek heruntergeladene Beitrag ist ein Hörspiel. Die ARD setzt stark darauf, dass Hörspiele nicht mehr zur festgesetzten Sendezeit, die meist in den wenig attraktiven Randstunden des Tages angesetzt ist, sondern zum jeweils gewünschten Individualtermin genossen werden. Dass das auch anders geht, beweist der österreichische Rundfunk, der samstags um 14 Uhr rund 120000 Menschen vor den Lautsprecher zieht. Um genauso viele Menschen zu erreichen, müsse das Wiener Burgtheater 100 Tage vor ausverkauftem Haus spielen, rechnet der österreichische Hörspielchef Kurt Reissnegger, der von einer Renaissance des Hörspiels spricht und auf die hohe Qualität und Anspruch des Gebotenen verweist.
"Zwar werden wir, anders als kommerzielle Anbieter, durch den solidarischen Rundfunkbeitrag finanziert – das gibt uns die Freiheit, das Hörspiel weiterhin auch als Kunstgattung zu verstehen und nicht nur auf kommerzielle Markterwägungen zu blicken. Aber wir sind zur Sparsamkeit verpflichtet und können nicht alles weitermachen wie bisher: Das können wir uns schlicht nicht leisten", schreibt die SWR-Programmdirektorin und Vorsitzende der Audioprogrammkonferenz der ARD Anke Mai kürzlich in einem Beitrag über die anstehende Hörfunkreform. In Zukunft werden unzweifelhaft weniger Hörspiele produziert werden, was vor allem jene Künstlerinnen und Künstler besorgt, die weniger quotenträchtige Radiokunstformate produzieren und fürchten, in Zukunft keine Plattform mehr zu bekommen.
Ein Opfer dieser Veränderungen ist die Aufgabe des ARD-Hörspielpreises, deren Ermittlung und Vergabe bislang den Kern der Hörspieltage bildete. Die Einstellung wird damit begründet, dass es innerhalb des Senderverbunds der ARD immer engere Kooperationen gebe und damit ein Wettbewerb zwischen Landesrundfunkanstalten nicht mehr zeitgemäß sei. Ein anderer Wettbewerb bleibt den Hörspieltagen, der vom Deutchlandfunk ausgelobte Kurzhörspielpreis max15, der sich vor allem an junge Hörspielmacherinnen an den Hochschulen und die freie Hörspielszene richtet und am Samstag, 9. November, ab 17.30 Uhr mit der Finalrunde, Jury-Diskussion und Preisverleihung entschieden wird.
Von Donnerstag bis Samstag (Do ab 12 Uhr, Fr und Sa ab 10 Uhr) gibt es tagsüber noch nicht veröffentlichte Hörspiele in ganzer Länge mit anschließendem Talk mit den Beteiligten zu genießen. Am Eröffnungsabend ist ab 20 Uhr mit der Wort-Musik-Collage von und mit Matthias Brandt und Jens Thomas aus den Elixieren des E.T.A.Hoffmann ein faszinierender Leckerbissen zu erleben.
Am Freitag, 8. November, gibt es um 17 Uhr im ZKM Klangdom ein Showcase zum „Spatial Storytelling“, um 18.30 Uhr das Live-Hörspiel „Das Gespenst von Canterville“ nach Oscar Wilde mit dem durch die "Drei ???" berühmt gewordenen Starsprecher Oliver Rohrbeck und zum Abschluss spielen um 21 Uhr „Die Sterne“, die die Hamburger Schule und für viele das Erwachsenwerden in den 1990ern prägten, wie kaum eine andere Band.
Höhepunkt am Samstag ist die Die Nacht des Hörspiels, zu der unter anderem die Poetin Nora Gomringer, der Schauspieler Lars Eidinger (Foto), die Geräuschemacherin Simone Nowicki und die Band Fatcat erwartet werden und als besonderes Bonbon eine Live-Retro-Inszenierung des ersten deutschen Hörspiels „Zauberei auf dem Sender“ aus dem Jahr 1924 auf die Bühne kommen soll.
Unangefochtener Publikumsliebling ist der Kinderhörspieltag zum Abschluss der viertägigen Veranstaltung. Am Sonntag, 10. November gibt es von 10 bis 18 Uhr Kinderhörspielvorführungen am laufenden Band und zusätzlich um 11 und 14 Uhr das Livehörspiel "Till Eulenspiegel", bei dem man dem Star der deutschen Geräuschemacher Max Bauer bei der Arbeit zuschauen kann, der das passende Ambiente für die Lebensgeschichte des berühmten Schalks zaubert, die vom Schauspieler Stefan Wilkening erzählt und verkörpert und vom Musiker Michael Popp vertont wird. Die populäre Band Äl Jawala spielt überdies um 15.30 Uhr ein fetziges Konzert speziell für Kinder.
07. bis 10. November 2024
ZKM
Lorenzstraße 19
Karlsruhe
Alle Infos unter
hoerspieltage.ard.de