Amazon und Haribo, Mercedes Benz, die kultige Ahoi Brause und Nintendo listet der Karlsruher Herbie Erb in den Referenzen seiner grafischen Arbeiten. Seit 1989 liefert der auch als Musiker in der Karlsruher Szene verwurzelte Künstler regelmäßig Zeichnungen für die Klappe Auf. Mit der von ihm mitbegründeten KünstlerInnenvereinigung Circus 3000 beteiligt er sich am 11. Mai an der Kunst- und Kulturnacht Schwein gehabt. Im Web trifft man ihn auf uncool-3000.de. Klappe auf traf den leidenschaftlichen Raucher im Circus 3000-Headquarter auf dem Alten Schlachthof.
Über deiner Webseite steht in großen Lettern Freelancer. Ist Dir Deine Unabhängigkeit das wichtigste an Deiner Arbeit?
Herbie Erb: Man ist ja nicht wirklich unabhängig, da man auf seine Stammkunden angewiesen ist. Aber es ist schon gut, wenn man sehr unterschiedliche Sachen machen kann, so dass einem nicht langweilig wird. Ich war mal recht lange bei einer Agentur, aber wollte nicht festangestellt sein. Das gab mit das Gefühl, jederzeit gehen zu können und hatte damit etwas freiwilliges. Für jemand wie mich ist es ja eh nur noch möglich, zu Hause zu arbeiten, da man nirgends mehr rauchen darf, und alle fünf Minuten Pause zu machen geht ja auch nicht.
Inwieweit gibt es für Dich zwischen Auftragsarbeiten und die Kunstprojekten eine Konkurrenz oder ein Zusammenspiel?
Erb: Früher habe ich gedacht, dass sich das beißt. In meiner künstlerischen Tätigkeit habe ich daher auch nicht gezeichnet, da das Zeichnen eher mit dem Broterwerb verbunden war. Heute sehe ich da keine Trennung mehr, zumal ich eh eher für künstlerische Aufgaben angeheuert werde, so dass sich die Bereiche vermischen.
Du hast Dich sehr früh mit digitalen Medien auseinandergesetzt und mit Software experimentell gestaltet. Hast immer noch Spaß an den technologischen Entwicklungen und wenn ja, wofür und wie setzt Du sie ein?
Erb: Ich habe zum Beispiel die letzte Klappe-Auf-Zeichnung mit KI gemacht. Da habe ich Manets Frühstück im Grünen aus verschiedenen Versionen zusammengemixt und drumherum viele Varianten von Müll einfügen lassen. In diesem Fall spart KI Zeit und bringt einem manchmal auch auf Ideen. Spannend und lustig finde ich, wenn die KI Fehler macht und ungewollt surreale Bilder rauskommen. Sie allerdings bestimmungsgerecht einzusetzen und genau zu definieren, was man von ihr erwartet, das ist zu aufwändig, das hab ich zehn Mal schneller von Hand gemacht.
Viele KünstlerInnen arbeiten einsam in ihrem Atelier vor sich hin und gehen dann zu einem Galeristen, der ihre Arbeit in das Schaufenster stellt. Du hast Dich 2011 mit einigen KollegInnen zum Circus 3000 zusammengeschlossen. Warum?
Erb: Ich habe erst relativ spät begonnen, das, was ich mache, als Kunst anzusehen. Zudem gehe ich selbst nicht gerne in Galerien. Da finde ich es sehr angenehm, dass wir hier unter Umgehung aller hierarchischen Kunstmarktspielchen zusammen machen können, was wir wollen, und selbst in der Hand behalten, wie wir uns präsentieren und unsere Räume gestalten, Musik, Theater, schräge Filme, Installationen, Performances ... Viele gute Galerien haben in den 1960er Jahren so begonnen.
Du warst durch eine lange Liste von legendären Bands in der Karlsruher Musikszene präsent, Johnny Las Vegas, Ujuju Brimshead oder Juanita RoundUp Generation, um nur einige zu nennen. Heute bist du festes Mitglied bei Miri in the Green. Besonders in Erinnerung sind die von Dir kuratierten Waltz-Abende, die die Karlsruher Musikszene quer durch die Genres in ungewöhnlichen Kombinationen zusammenbrachte. Sind solche Abende heute noch denkbar?
Erb: Alle, die damals mitgemacht haben, sind älter geworden, haben Familie und nicht mehr so viel Zeit. Es war am Ende schwierig geworden, eine beständige Grundband, die es für so etwas unbedingt braucht, zusammenzuhalten, und ich selbst war nicht mehr so viel unterwegs, um neue Leute zu entdecken. Aber das Bedürfnis ist durchaus da, das hat man beim Gedenkkonzert für Helene Malik gemerkt, und viele Leute fragen danach ...
Dich interessiert immer auch Musik abseits des Mainstream. Was muss Musik haben, um Dich zu begeistern?
Erb: Unerwartete Wendungen sind schon einmal gut. Eine authentische Instrumentierung, nicht zu glatt und poliert. Das kann westafrikanischer Psycho-Funk aus den 1960ern ebenso sein wie japanische Schrägheimer Bands oder authentischer Country. Aber auch Schlager aus den 1960er Jahren, als noch richtige Orchester eingesetzt wurden, können reizvoll sein. Es gab da gute Sachen aus Deutschland, auch wenn die italienischen viel besser sind. Kürzlich habe ich mit den spanischen Elefant Records eine spanische Easy-Listening-Szene entdeckt, die auch sehr lustige Videos machen. Oder Descartes A Kant aus Mexiko finde ich gerade sehr interessant.
Was habt Ihr denn mit Circus 3000 für die lange Kulturnacht Schwein gehabt geplant?
Erb: Wir planen mit Bezug zur Factory von Andy Warhol eine Modenschau mit selbstgebastelten Klamotten und Schwarzlicht-Schminke, dazu gibt es improvisierte Diskomusik.