Seit Peter Sloterdijk als langjähriger Rektor der Karlsruher Hochschule für Gestaltung (HfG) vor bald zehn Jahren in den Ruhestand ging, steht die Karlsruher Hochschule immer wieder in der Kritik. Seien es die Mahnungen des Rechnungshofs, die Klage über die unbesetzten Professuren oder die wiederholten Auseinandersetzungenmit dem eigenen Rektor.
Seit fast zwei Jahren ist die HfG dabei, sich neu aufzustellen, mit einer Verwaltungsreform, demokratischen Strukturen, vielen neuen Professorinnen und einem nach wie vor einzigartigen Studienmodell. Klappe Auf unterhielt sich mit der stellvertretenden Rektorin und Professorin für Szenografie Constanze Fischbeck.
Was genau kann die Hochschule für Gestaltung jungen Menschen bieten, und welche Voraussetzungen sollten diese mitbringen?
Constanze Fischbeck: Es ist unsere Besonderheit und Stärke, dass wir unsere Studierenden zu einer umfassenden Interdisziplinarität und Autonomie in der Gestaltung des eigenen Studienwegs ermuntern. Dafür stehen jeder und jedem grundsätzlich alle Lehrenden zu Verfügung, es gibt keine Klassen und keine Abhängigkeiten von einzelnen Professuren, dafür aber eine Tendenz, kollaborativ zu arbeiten. Das mag für einzelne am Anfang herausfordernd sein, am Ende aber entlassen wir Künstler- und Gestalterinnenpersönlichkeiten, die über eine hohe Innovationskraft und Eigenwilligkeit verfügen. Dabei halten wir die Grenzen zwischen Kunst und Gestaltung bewusst fliessend. Wer darauf neugierig ist und auf diese Freiheit Lust hat, ist bei uns goldrichtig.
Was möchten Sie als Lehrende den jungen Menschen vor allem mitgeben?
Fischbeck: Ich glaube, dass der Dialog auf Augenhöhe zwischen zwei Generationen, der an einer Hochschule stattfindet, enorm wichtig ist, zumal er in unserer Gesellschaft gegenwärtig kaum mehr stattfindet. Da Studierende im Austausch mit verschiedenen Lehrenden lernen, entstehen durch den Zugriff einer jungen Generation und durch neue Kombinationen des gesicherten Wissens Perspektiven und neue Lösungsansätze. Das brauchen wir, denn wir stehen vor grundsätzlichen Herausforderungen wie der Klimakrise, die sich mit einer bloßen Fortschreibung der Gegenwart nicht bewältigen lassen.
Inwieweit gibt es ein Zusammenspiel zwischen den Ausbildungsstätten und mit anderen Kultureinrichtungen der Stadt Karlsruhe?
Fischbeck: Karlsruhe ist ja klein genug, dass persönliche Kontakte da einen konstruktiven Ausschlag geben, und in dieser Hinsicht sind wir mit vielen Institutionen in einem guten Gespräch. Kooperationen sind meist über Drittmittelprojekte möglich. So haben wir etwa mit den Bibliotheken Möbel für den öffentlichen Raum entwickelt, 15 Jahre lang gab es eine regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Badischen Staatstheater, die wir gegenwärtig auf die Ludwigsburger Theaterakademie verlagert haben. Wir haben mit dem Centre Culturel Franco-Allemand kooperiert und pflegen einen regelmäßigen Austausch mit dem Straßburger Theater Maillon. Daneben gibt es eine Zusammenarbeit der Kunstwissenschaft mit dem KIT, die wir ausbauen wollen. Vor allem engagieren wir uns in unserer direkten Nachbarschaft mit den drei Institutionen, die sich unter dem Dach des Hallenbaus verstärkt zusammengeschlossen haben. Gerade durch die Neuausrichtung des ZKM mit der neuen Leitung ist es jetzt an der Zeit, eine postgraduale Phase an der HfG zu etablieren, so dass hier internationale Künstlerinnen und Wissenschaftler für mehrere Jahre an das Haus gebunden werden können, um zu promovieren oder zu habilitieren. Das wird die HfG international noch attraktiver machen.
2020 kritisierte der Rechnungshof zum Beispiel, dass sich die von Gründungsdirektor Heinrich Klotz einst eingeführte Befristung der ProfessorInnen auf sechs Jahre nicht bewährt habe. Sie führe zu zu vielen Vakanzen. Außerdem studierten Studierende mit Schnitt um die 16 Semester viel zu lange. Wie steht die Hochschule in diesen Punkten heute da?
Fischbeck: Heinrich Klotz hat 1992 eine innovative Studienstruktur geschaffen. Er sah die Vorteile und Mängel seiner neuen Setzung, konnte aber leider keine Reform mehr durchführen. Diese Reform ist viel zu lange aufgeschoben worden. Seit zwei Jahren sind wir dabei, vieles zu verbessern. So haben wir die Langzeitstudierenden zu Abschlüssen geführt, die Hälfte der Professuren auf Lebenszeitstellen umgruppiert und die Fachbereiche neu geordnet. Vor einem guten Jahr waren wir noch in einer tiefen Krise und litten unter Unterbesetzung. Dass wir zu Beginn des Sommersemesters 2023 sieben neue Professorinnen vorstellen konnten, war ein Befreiungsschlag. Nebenbei, ein so hoher Anteil an weiblichen Lehrenden findet sich an keiner anderen Kunsthochschule in Deutschland.
Wie erleben Sie das Klima unter Mitarbeitenden und Studierenden am Haus?
Fischbeck: Die Stimmung empfinde ich inzwischen als sehr gut. Nachdem sich der Konflikt mit dem vormaligen Rektor rechtlich geklärt hat, ist eine große Erleichterung eingekehrt. Dadurch dass wir so viele neue Menschen hier haben, ist dies eine Phase des Kennenlernens. Das passiert in einer guten Atmosphäre, da gibt es durchaus auch eine gewisse Euphorie.
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Bis zum 30. April können sich Studieninteressierte an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe für das kommende Wintersemester 2024/25 bewerben. Alle Details finden sich unter
hfg-karlsruhe.de.