Das soziale Gefüge ist in Bewegung, die Entfernung wächst zwischen jenen, die Bildung und Einkommen haben, und den anderen, die sich überflüssig und vergessen fühlen. Bei den dritten deutsch-französischen Theatertagen kommen Autoren zu Wort, deren Figuren an den Rändern der Großstädte leben: in der Arbeitswelt nicht gebraucht, von gesellschaftlichen Bindungen abgeschnitten, seelisch ebenso verarmt wie materiell.
Sie begegnen ihrer Situation gewaltbereit und rassistisch, aber auch mit Galgenhumor, wie in Familienporträt von Denise Bonal. Sie erniedrigen sich gegenseitig in Ulf Schmidts Heimspiel, und sie führen in Papa muss essen von Marie NDiaye vor Augen, wie die Auflösung der Familie in der westlichen Welt mit Entmenschlichung der Gesellschaft einhergeht.
Brisantes und Provokantes ist vom 20. bis 22. in der Insel geboten, wenn das Badische Staatstheater unter der Devise Blickwechsel die Neue Armut fokussiert. Auch der Blick über die eigene Gesellschaft, auf die Armut in Parallelgesellschaften wird in den Blick genommen. Von Menschen ohne Papiere, Menschen aus allen Teilen der Erde, die angelockt von dem Bild eines reichen Landes ohne jeden Schutz, ohne einforderbare Rechte, ohne den Beweis ihrer eigenen Existenz, täglich ums Überleben kämpfen, handelt Zéphira. Die Füße im Staub von Virginie Thirion. Sie erzählt die Geschichte einer Afrikanerin, die mitten im vermeintlichen Schlaraffenland ins Bodenlose stürzt und namenlos und ohne Recht wie ihre antike Schwester Medea um ihre Kinder kämpft - bis zum Äußersten.
Neben den Text-Lesungen gibt es am 20. bissig-aktuelles Kabarett von Pigor und Eichhorn, und am 21. diskutieren die Autorentage auf einem hochkarätig besetzten, von Hansgeorg Schmidt-Bergmann, dem Leiter der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe und des Museums für Literatur am Oberrhein moderierten, Podium die These Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm.
> Ort. Insel, Karlstr. 49b, KA