Im Oktober brachte Sven Djurovic als "Tatortreiniger" im Sandkorn das Publikum zum Lachen. Im November präsentiert er unter der Regie von Erik Rastetter sein erstes selbstentwickeltes Drama. Klappe auf unterhielt sich mit dem Schauspieler und Autor.
Gerade noch Schotty, dann einen Schweizer im amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis. Da spielst Du ein ziemliches Kontrastprogramm, oder?
Sven Djurovic: Das ist schon ein krasser Kontrast und eine ganz andere Welt, auch wenn wir versuchen, dieses Stück mit Leichtigkeit und Humor rüberzubringen. Ich meine aber, dass wahrhaftige Komödie immer aus einer tiefen Ernsthaftigkeit entsteht. Es ist das tolle an meinem Beruf, heute in einer Comedy und morgen in einem Drama auf der Bühne zu stehen.
"Im Westen liegt Osten", was bedeutet der Titel und wie kam es zur Stückidee?
Djurovic: Der Titel ist ein Bild für unsere Polarität und dafür, dass wenn ich immer weiter in den Westen laufe, ich irgendwann im Osten ankomme. Das kann nicht nur geografisch, sondern in jeder Hinsicht gedeutet werden. Das Stück basiert auf einem Zehnminutensolo, zu dem mich die Geschichte des deutsch-türkischen Murat Kumaz anregte, der von 2002 bis 2006 in Guantanamo festgehalten wurde. Als Erik das kurze Stück sah, meinte er sofort, daraus könne man doch ein ganzes Stück machen. Doch hat "Im Westen liegt Osten" nicht mehr viel mit Kumaz konkretem Fall zu tun.
Ist das Stück eher ein Gedankenspiel oder hast Du zu Guantanamo recherchiert?
Djurovic: Guantanamo steht stellvertretend für solche Einrichtungen, wo auch immer sie sich befinden. Hier eingeschlossen ist Beat, den wir kennenlernen, als er schon 15 Jahre einsitzt. Es geht in diesem Stück vor allem um die Hoffnung, die ihn an diesem Ort bis zum Schluss überleben lässt.
Inwieweit bist Du mit den "Im Westen liegt Osten" angesprochenen Fragestellungen persönlich konfrontiert?
Djurovic: Gerade in den vergangenen Monaten haben viele Menschen das Gefühl entwickelt, nicht wirklich frei zu sein und tun zu können, was sie wollen. Dadurch hat "Im Westen liegt Osten" ungewollt eine krasse Aktualität bekommen. Auch das Hoffen hat dadurch eine große Rolle bekommen. Doch richtig zu hoffen beginnt man ja erst, wenn es eigentlich schon hoffnungslos ist. Darin liegt auch die Gefahr, nicht rechtzeitig das richtige zu tun, um gar nicht in diese Lage zu geraten. "Wer hofft, revoltiert nicht, er verzweifelt", heißt es bei Albert Camus.
Die Musikerin Zoe Lee wird das Stück live auf dem Cello begleiten. Welche Rolle spielt die Musik in diesem Stück?
Djurovic: Alleine schon, dass die Musik live gespielt wird, bricht die Solosituation auf der Bühne, was mir sehr gefällt. Die Musik kann Stimmungen transportieren, Kontraste und Kontrapunkte setzen und lautmalerisch unter die Haut gehen. Vor allem aber bringt sie auch eine gewisse Poesie ins Spiel, denn wir wollen kein Dokumentartheater über ein hartes Schicksal zeigen, das ist nicht unsere Absicht.
> 4. bis 7. und 25. bis 28. November 2021, Das Sandkorn, Theaterhaus, Kaiserallee 11, Karlsruhe