"Wenn ich Amok laufe, habe ich die Scheiße hinter mir. Oder ich komme lebenslang in den Knast, wo ich ein Dach über dem Kopf habe und 'ne Ausbildung und Sport machen kann." Marko König zitiert einen 17-Jährigen, mit dem er gearbeitet hat. "Die Kids sehen null Perspektive für sich auf der einen und auf der anderen Seite Politiker, die Millionen verhuren und jeden Tag Verbrechen am kleinen Mann begehen." Das sei die Realität, und das müsse erstmal in der Gesellschaft und bei der Politik ankommen, sagt der 37-Jährige ehemalige Hauptschüler, Stuntman, Aktionskünstler, Eventmanager und Motivationstrainer. Es sei außerdem eine Generation am Heranwachsen, die zwischen realer und inszenierter Gewalt nicht unterscheiden kann, und so gebe es Charaktere wie den Amokläufer von Erfurt reichlich in Deutschland. Auf einem Fernsehkanal sieht man coole Gangsta-Rapper, auf dem nächsten Actionfilme, in denen der Böse Vorbild ist.
An dieser Stelle setzt Marko König mit seinem Projekt ein. Er geht in die Schulen und zeigt den Jugendlichen, wie Gewalt in den Filmen inszeniert und produziert wird. "Ich bin einer von denen aus den Action-Filmen, also eines ihrer 'coolen' Vorbilder." Schnell wird den Schülern klar, dass er einer von ihnen ist, nur 20 Jahre älter. "Sie öffnen sich, wenn sie merken, der war Hauptschüler, der hat selber Scheiße gebaut und sich aus eigener Kraft hoch gearbeitet" - Eventmanagement hat Marko König etwa schon betrieben, bevor der Studiengang dazu erfunden wurde. "Ich bin authentisch, wenn ich sage: 'Cool sein heißt nicht, andere im Griff zu haben, so dass sie Angst vor mir haben, sondern cool ist, wenn ich die Ruhe bewahre.'"
Er will den Schülern klar machen, dass Gewaltinszenierung nichts mit Wirklichkeit zu tun hat und Knast keine erstrebenswerte Alternative ist, sondern dass man sein Leben selbst gestalten kann. "Wir brauchen keine Psychologen und keine Verbote von Gewalt in den Medien", sagt der Motivationstrainer. Psychologen seien für die Jugendlichen "die da oben" und nicht in der Lage, mit ihnen auf Augenhöhe zu kommunzieren. "Beim Thema 'Fußball' brauche ich Michael Ballack in der Schule, beim Thema 'Gewalt' eben einen Stuntman." Ein Schüler sagte zu ihm: "Glaubst du, dass einer von den Psychologen schonmal eine Faust in der Fresse gehabt hat´"
Inzwischen ist Marko König ein gefragter Mann in Sachen Gewaltprävention. Die Hebel-Realschule etwa hat eine Pflicht-AG mit ihm eingerichtet, an vielen anderen Schulen hält er seine unkonventionellen Seminare, in denen er nicht nur Videos vorführt und analysiert, sondern seine Tatoos und selbst Stunts zeigt. Angewandte Medien- oder Sozialkunde, Praxis in der Schule - das wären pädagogische Schlagwörter, unter die man Königs Arbeit subsumieren könnte.
Klar, dass Marko König mit seinen Thesen provoziert: "Der Erfolg gibt mir recht, die Kids rufen mich auch außerhalb der Schule an." Er weiß, dass er schon manches blutende Gesicht und womöglich Schlimmeres verhindert hat. Und so hofft er, dass er nicht nur Politiker von seinem ungewöhnlichen Konzept überzeugen kann, sondern auch Kollegen und andere Promis, schließlich kann er nicht überall sein, wo es brennt. maske