Die ältesten Monumente der Menschheit
Weit zurück in die Steinzeit geht es bei der Großen Landesausstellung im Karlsruher Schloss und zugleich mitten hinein in aktuellste Forschung. Präsentiert werden im Badischen Landesmuseum sensationelle archäologische Funde, die in den letzten Jahrzehnten in der Türkei gemacht wurden und einen neuen Blick auf die Menschheitsgeschichte ermöglichen. Spektakuläre Grabungen in Südost-Anatolien auf der anatolischen Hochebene brachten die ältesten monumentalen Kultanlagen und die frühesten menschlichen Großsiedlungen zutage. Hier lässt sich nachvollziehen, wie der Mensch vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern und Viehzüchter und somit sesshaft wurde.
Zu den rund 450 Objekten, die zum Großteil noch nie zuvor öffentlich zu sehen waren, gehören Skulpturen, Reliefs mit schriftartigen Symbolen, Schmuck, Werkzeug und aufwändig verzierte Steingefäße.
In Zusammenarbeit mit der Universität Karlsruhe (TH) wurde mit Hilfe eines Scanner-Verfahrens die Oberfläche der bis zu sieben Meter hohen Stelen abgetastet, die die Prähistoriker auf dem Göbekli Tepe, zu Deutsch »Berg mit Nabel«, bei der Stadt Urfa im Südosten Anatoliens gefunden haben. Die in höchstmöglicher Genauigkeit gearbeiteten Repliken aus dem ältesten entdeckten Großbauwerk der Menschheitsgeschichte werden in der Ausstellung einen Eindruck von der erstaunlichen Dimension des Bauwerks geben, das vermutlich als Tempel eines Totenkults diente. Skorpion, Fuchs, Keiler, Schlange und andere wilde Tiere zieren die kunstvollen Steinreliefs der Pfeiler. Hunderte von Arbeitern und Handwerkern müssen Jahrzehnte an der Monumentalanlage von Göbekli Tepe gearbeitet haben, mutmaßt Klaus Schmidt vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) in Berlin. Er attestiert ihr die architektonische Wucht von Stonehenge, aber sie ist viele Jahrtausende älter. Der Forscher geht davon aus, den Ursprungsort gefunden zu haben, von dem aus die entstehenden Landwirtschaft sich nach Europa ausweitete.
In der Ausstellung machen Inszenierungen und Modelle der Siedlungen und nachgebildete Kultanlagen in Originalgröße sowie virtuelle Rekonstruktionen die Lebensweise der Menschen vor 12.000 Jahren erfahrbar. So können Besucher die ähnlich wie Bienenwaben angelegten Wohnräume betreten, die, schützend aneinandergebaut, lediglich von oben zugänglich sind. 1.100 Quadratmeter Ausstellungsfläche umfasst die seit mehr als zwei Jahren vorbereitete Schau.
Neben dem DAI gehören die Antikenverwaltung der Türkei sowie Forschungsinstitute in Deutschland, Großbritannien, der Türkei und den USA zu den Kooperationspartnern des Karlsruher Ausstellungsteams um Museumsdirektor Harald Siebenmorgen und Kurator Clemens Lichter. Religion und Totenkult, Ernährung, Handel, Jagen und Sammeln, Ackerbau und Viehzucht, Handwerk und Wohnen sind die Aspekte steinzeitlichen Lebens, die die Ausstellung vermittelt.
Zu sehen ist die Schau, unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler und dem Staatspräsidenten der Republik Türkei, Ahmet Necdet Sezer, vom 20. Januar bis Mitte Juni. Eine Vielzahl von Veranstaltungen begleitet die Ausstellung in den kommenden Monaten, so gibt es am 8. Februar, 19 Uhr, Information aus erster Hand von Klaus Schmidt über das Bergheiligtum Göbekli Tepe. Familienführungen stehen am Wochenende und an Feiertagen auf dem Programm, es gibt ein Steinzeithaus als offene Werkstatt sowie anatolische Abende mit Speisen und Musik, Workshops für jedes Alter, Märchenstunden und im April eine Steinzeitnacht. afr
INFO
Vor 12.000 Jahren in Anatolien: Die ältesten Monumente der Menschheit, Große Landesausstellung Baden-Württemberg im Badischen Landesmuseum Karlsruhe, 20. Januar bis 17. Juni, im Schloss, (www.landesmuseum.de). Führungen werden auch in englischer, französischer, türkischer und italienischer Sprache angeboten. Der farbig illustrierte, etwa 400 Seiten umfassende Katalog kostet als Museumsausgabe 24,90 Euro, und es ist eine DVD mit virtuellen 3D-Modellen, drehbaren Objekten und interaktiven Grafiken erhältlich.
> Di - So, Feiertage 10 - 18 Uhr - Do 10 - 21 Uhr