"Nicht genug danken kann ich dem Meister, welcher mich von der deutschen Spitzpinselei zu breiter, pastoser Behandlung, von der akademischen Schablonencomposition zu großer Anschauung und Auffassung führte“, so Anselm Feuerbach über seine Ausbildung im Atelier von Thomas Couture in Paris. Zahlreiche deutsche Künstler haben ähnlich befreiende Erfahrungen an einer der renommierten privaten Kunstschulen in Paris erlebt, wo sie sich zudem durch die Sammlungen des Louvre und des Musée du Luxembourg, durch die Salons und die Begegnung mit Künstlerkollegen inspirieren ließen. Paris, zwischen 1855 und 1900 Ausrichterin mehrerer Weltausstellungen und seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Künstlermetropole Europas schlechthin, strahlte eine starke Anziehungskraft aus. Auch rund 120 Künstler, die im Laufe ihres Werdegangs mit Karlsruhe in Verbindung standen, reisten zwischen 1830 und 1930 in die französische Hauptstadt; 40 von ihnen, davon drei Künstlerinnen, zeigt die facettenreiche Ausstellung über den deutsch-französischen Kunsttransfer Karlsruhe - Paris.
„Ein Studienaufenthalt in Paris bedeutete den Ritterschlag, der zeigte, dass man auf der Höhe der Zeit das Neueste kennengelernt hat“, sagt Brigitte Baumstark, Leiterin der Städtischen Galerie Karlsruhe, die die Schau gemeinsam mit ihrer Kollegin Sylvia Bieber kuratiert hat.
Zu sehen sind rund 80 Gemälde, 100 Zeichnungen und acht Plastiken, die teils aus dem Bestand des Hauses stammen, teils Leihgaben aus Privatbesitz sowie aus Museen in Frankfurt, Leipzig, Bremen und Freiburg sind. In den Werken zeige sich der neue Blick der Künstler, die dazu angehalten wurden, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen - anders als in Deutschland, wo vor allem auf das Zeichnen und Kopieren Wert gelegt wurde, so die Kunsthistorikerin. „Man erkennt die Auseinandersetzung mit Cézanne, den Einfluss des Pointilismus und die Lichthaltigkeit der Bilder“, erläutert Baumstark. Hans Thoma zum Beispiel wurde während seines nur 16-tägigen Parisaufenthalts nachhaltig, an Malweise und Motiven ablesbar, von Gustave Courbet beeindruckt. Die Stadt Paris selbst wird in den 1920er Jahren etwa bei Wilhelm Schnarrenberger und Otto Laible zum Bildmotiv.
Die Ausstellung beleuchtet die an Akademien gängige Schulung durch Kopieren, befasst sich mit politischen Aspekten des seinerzeit spannungsreichen deutsch-französischen Verhältnisses und bietet Entdeckungen wie frühe, in Paris entstandene Werke von Martha Kropp, die ihren 1908 begonnenen Pariser Studienaufenthalt wegen des Kriegsbeginns 1914 beendete und bis 1968 in Karlsruhe lebte.
> Städtische Galerie Karlsruhe, Lorenzstraße 27, Sa 23. Februar bis So 2. Juni 2019, Mi-Fr, 10:00-18:00 Uhr, Sa+So 11:00-18:00 Uhr.