Eigentlich wollte ich in diesem Jahr, das nun schon fast wieder Vergangenheit ist, endlich mein Lob des Fahrradkörbchens unter die Leute bringen, eine Hommage an das von so vielen missachtete Requisit, das in meinen Augen das Fahrrad erst voll funktionsfähig macht, es von einem Sportgerät zu einem Begleiter des Alltags veredelt, das uns Lasten abnimmt, die wir lange genug getragen haben, das dem Radelnden völlige Bewegungsfreiheit ermöglicht, ihm buchstäblich den Rücken und die Hände freihält. Was daran spießig sein soll, weiß der Teufel. Vielleicht liegt es daran, dass das schlichteDrahtgeflecht auf dem Gepäckträger dem Eindruck der Windschnittigkeit und Schnelligkeit widerstrebt, den Hardcore-Radler gerne erzeugen wollen, wenn sie mit auf das Notwendigste entschlackten Sportgerät, angetan mit entsprechender Sportkleidung, durch die Stadt rasen, mit Helm natürlich und im festen Vertrauen darauf, dass ihnen Fußgänger und langsamere Radler schon Platz machen werden. Aber leider ist das Fahrradkörbchen 2015 bildlich gesprochen unter die Räder gekommen.
Die Weltgeschichte ist uns in diesem Jahr auf den Pelz gerückt, wie nie zuvor. Die Griechenlandkrise schwang sich zu neuen Höhen auf, was sich für den deutschen Normalverbraucher vor allem in Dauerniedrigzinsen niedergeschlagen hat, die altbewährte Anlageformen wie Sparbuch und Sparbrief in etwa auf das Niveau des Sparstrumpfs und des Sparschweins geschrumpft haben. Mit der Fortdauer und dem Anschwellen der Ukraine-Krise wuchs das beunruhigende Gefühl, dass die alten Frontstellungen, die man vor 25 Jahren überwunden zu haben glaubte, auf einmal wieder präsent und virulent sind. Und immer wieder lugte hinter dem Gespenst des Kalten Krieges eine noch viel schrecklichere Gestalt hervor, die des wahren, soll man sagen, heißen Krieges mit „echten“ Toten, zerstörten Städten, versehrten Landstrichen. In gewissen Regionen der Ukraine ist das Alltag, nur erfährt man nicht mehr soviel davon, weil islamistische Terroristen sich wiedermal in den Vordergrund, in die Schlagzeilen, in die Hauptnachrichtensendungen geschossen und gebombt haben.
Mit dem Anschlag auf Charlie Hebdo hat das Jahr begonnen, mit einer Nacht des Schreckens ebenfalls in Paris hat es noch nicht aufgehört, schließlich morden der IS, Boko Haram und die Taliban, da, wo sie die Macht haben oder die Macht haben wollen, relativ ungehindert weiter. Reflexartig erschallt nach islamistischen Anschlägen der Ruf, mit dem Islam habe das alles nichts zu tun. So, so, dass die Attentäter ihre Taten mit dem Willen Allahs begründen, dass sie Allahu akbar ausrufen, hat mit dem Islam nichts zu tun? Wie ernst es ihnen mit ihrem Glauben ist, demonstrieren sie nachhaltig, in dem sie sich selbst in die Luft sprengen. Wer solches tut, der muss eine große Glaubensgewissheit haben, der muss davon überzeugt sein, dass er im Jenseits reichen Lohn für seine Mordtaten empfängt. Wenn das nichts mit Religion zu tun hat, dann weiß ich nicht, was Religion ist. Aber jetzt soll ja alles besser werden, mit der besseren Integration muslimischer Einwanderer in unsere Gesellschaft soll der Nährboden für Fundamentalismus und Terrorismus ausgetrocknet werden. Jetzt soll quasi mit vorgehaltener Kalashnikow bei hunderttausenden Flüchtlingen gelingen, was schon bislang nicht geklappt hat.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Gegen Ende dieses Schreckenjahres sehnt man sich geradezu nach den Wochen zurück, in denen die größten Reiz- und Schreckensgestalten für das deutsche Publikum zwei notorische Krawattenverweigerer namens Zypras und Varoufakis waren. Die waren doch eigentlich ganz nett und adrett, die beiden mittelalten Herren aus Griechenland. Angesichts der jetzigen Weltlage mit allgegenwärtiger Terrorangst, kopfloser Sicherheitshysterie und ratlosem Säbelrasseln, möchte man am liebsten die alten Probleme wiederhaben. Ach so, die gibt es auch noch.
Sei´s drum, allen Widrigkeiten zum Trotz, wünsche ich allen Leser ein frohes neues Jahr 2016, das Jahr, das wir (hoffentlich!) überleben werden.