Kleinkunst im Frisiersalon , Theater im Sandkorn, Musikcomedy im Cafe Miro, Talk im Jugendcafe, Konzerte im Tollhaus. Komiker im Tempel, Funk im Jubez - . das schwul-lesbische Kulturfestival ist in der ganzen Stadt präsent.
Mit dem Gastspiel des Theaters Ben L´ven aus Tel Aviv bietet das Festival ein international beachtetes Stück über die ebenso schmerzhaften und verwirrenden wie freudvollen Spannungen, die sich ergeben, wenn die eigene Geschlechtsidentität sich anders anfühlt als der Körper sie - in den Augen der anderen - signalisiert. Nicht ganz als Frau, nicht ganz als Mann fühlt sich die Hauptfigur in Somewhere In Between, eben irgendwo dazwischen. Was ist denn ein Mann, was eine Frau, und was ist wichtiger, die Anatomie, oder wie es in mir aussieht´ Theaterautor Ronny Almog kennt diese Fragen aus eigener Erfahrung. Sein Text erzählt in einer Reihe kurzer Szenen in Monologen, Dialogen und Gedichten humorvoll und poetisch von Konflikten mit Religion und Gesellschaft. Die Kritik würdigte Somewhere in Between als eine Einführung in gender studies, die übersetzt ist in kleine, einfühlsame und menschliche Augenblicke. 2003 während der Gay Pride Week in Tel Aviv uraufgeführt, wurde das Stück seither in seiner englischsprachigen Version erfolgreich auf Festivals in San Francisco, New York und Zürich gezeigt. Das Karlsruher Gastspiel der fünfköpfigen israelischen Theatergruppe, die von einem Geiger und einem Pianisten begleitet wird, wurde möglich durch die Kooperation des Vereins Schrill im April mit dem Sandkorn-Theater und dem Kulturamt der Stadt. Das Karlsruher Festival wird nach einem Zuschuss zum Zehnjährigen damit zum zweiten Mal finanziell von der Stadt unterstützt. Das außergewöhnliche Stück und die Förderung des deutsch-israelischen Austauschs bewegten das Kulturamt zu dieser Entscheidung. Somewhere In Between ist am 26. und 27. im Sandkorn-Theater zu sehen.
25 weitere Veranstaltungen, facettenreich und bunt, von Kabarett bis Kino und vom Vortrag bis zur Party, präsentiert das schwul-lesbische Kulturfestival in seiner 16. Auflage mehr als einen Monat lang bis Mitte Mai. Das neue Konzept, die einstige Kulturwoche zu einem mehrwöchigen Festival in Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Karlsruher Kulturveranstaltern zu erweitern, hat sich - im vergangenen Jahr erstmals verwirklicht - bewährt. Natürlich gibt es Stimmen, die sagen, früher war es schöner, als noch alle Veranstaltungen im Tollhaus waren, aber so gelingt es besser, eine Vielzahl und Vielfalt von Künstlern und Kunstrichtungen einzubinden, sagt Martin Knapp, Vorsitzender des Vereins Schrill im April. Zu den Kooperationspartnern zählen in diesem Jahr neben anderen Tollhaus, Tempel und Gotec sowie das Kulturhaus Mikado, die Literarische Gesellschaft und das Jubez. Durch die Länge des Festivals ist es für das Publikum besser möglich, mehrere Veranstaltungen zu besuchen, und je öfter wir mit unseren Veranstaltungen woanders sind, umso mehr Leute erreichen wir, sagt Martin Knapp. Schrill im April will zwar eine Plattform für schwule und lesbische KünstlerInnen sein, aber ein Festival, das alle Menschen anspricht. Mit der selbstverständlichen Präsenz in der Karlsruher Kulturszene zeigt es umso erfolgreicher, dass Vielfalt die Gesellschaft bereichert, ein Anliegen, das trotz scheinbar steigender Akzeptanz wichtig bleibt.
Derzeit acht Ehrenamtliche organisieren das seit Juni vorbereitete Kulturfestival, das sich ohne Rücklagen Jahr für Jahr über die Einnahmen finanziert. Weitere engagierte MitarbeiterInnen sind im Team willkommen. Die Arbeit in den verschiedenen Phasen von der Künstlersuche bis zu Kontakten mit Veranstaltern in anderen Städten ist sehr spannend, und wir wünschen uns neue, stärkere Impulse aus der Szene, sagt Martin Knapp.
Schrill im April startet sein breitgefächertes Programm am 6. mit den preisgekrönten KleinkünstlerInnen Tina Häussermann und Fabian Schläper, die ihr Chanson-Kabarett Spieltrieb bei den Spiegelfechtern in der Orgelfabrik zeigen. In Henry´s Frisierkommode zielen Ana und Anda am 8. mit Kabarett an Piano, Akkordeon und Schlagzeug Haarscharf ins Schwarze, und in Zusammenarbeit mit der Aidshilfe Karlsruhe gibt es einen Vortrag über sexuell übertragbare Krankheiten, die derzeit in drastischem Maße zunehmen, von dem Facharzt Dr. Stephan Köhler am 3. Mai im Café Palaver.
Philipp Tingler, von der Neuen Zürcher Zeitung als "maßlos albern und ichbezogen" bezeichneter Autor Jahrgang 1970, beleuchtet am 25. April bei der Literarischen Gesellschaft in einer Lesung aus seinem Buch Juwelen des Schicksals mit bissiger Ironie die Absurditäten des Alltags. Rockklassiker in einem Arrangement für zwei Blockflöten mit furioser Tanzperformance, vier Hände auf einem Gitarrenhals und eine rasante Reise durch alle möglichen und unmöglichen Musikstile sind im neuen Programm der Queens of Spleens am 13. Mai im Tollhaus zu erwarten. Zu den weiteren bekannten Schrill im April-Gästen gehören die Kabarettistin Barbara Kuster am 22. April im Jubez, Frl. Wommy Wonder am 30. April im Tempel und Kick La Luna, deren Ethno-Funk am 1. Mai im Jubez zu hören ist.
Mithilfe von Schellackplatten und Tischgrammophon erklingen einige der Hörbeispiele im Vortrag von Ralf Jörg Raber, der am 9. April im Café XXX der Queerbeet Hochschulgruppe (im Studentenzentrum Z 10, Zähringerstraße 10) die Geschichte der Schwulen und Lesben in Deutschland aus Plattenperspektive darstellt. Auf Tonträgern des frühen 20. Jahrhunderts sind bei genauerem Hinhören winzige, teils versteckte Anspielungen, aber auch ganze Strophen und Lieder zu entdecken, in denen die Zuneigung zum gleichen Geschlecht thematisiert wird, mal in emanzipatorischer, mal in neutraler, aber auch in diskriminierender Weise. Der Schwerpunkt des Vortrags mit dem Titel Wir sind, wie wir sind liegt auf dem Zeitraum von 1900 bis 1936 mit Kaiserzeit, Weimarer Republik und Nazizeit. afr