Faire Woche
Das Geschäft mit Fairtrade-Produkten boomt. Besonders in Deutschland, wo das Bewusstsein der Bevölkerung für die Unmoral wächst, auf Kosten von Armut, Kinderarbeit und Gesundheitsschäden von Menschen aus fernen Ländern günstigen Wohlstand zu genießen. Katastrophen wie der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch erschüttern. Berichte über die haarsträubenden Arbeitsbedingungen von Zulieferern der Luxus-Lifestyle versprechenden Elektronikkonzerne erschrecken. Aber auch die Fairness des fairen Handels wird in Frage gestellt, die Verunsicherung wächst. Orientierung bietet da die Faire Woche, die vom 13. bis 27. September zum fünften Mal in Karlsruhe stattfindet. Ein 32 Seiten dickes Programmheft bietet neben grundsätzlichen Informationen zum fairen Handel und dem diesjährigen Schwerpunktthema „Textil“ eine Fülle von Veranstaltungen, Infoplätzen und Aktionen, die sich über die ganze Stadt bis in den Oktober erstrecken. Klappe Auf sprach mit dem für Umwelt- und Naturschutz zuständigen Karlsruher Bürgermeister Klaus Stapf.
In den vergangenen Wochen wurde durch eine vielbeachtete Dokumentation des Fernsehsenders arte in Frage gestellt, dass das Fairtrade-Siegel wirklich für alle Beteiligten faire Bedingungen garantiere. Welches Vertrauen haben Sie in faire Produkte?
Klaus Stapf: Wenn das Produkt das Fairtrade-Siegel von TransFair e.V. trägt, habe ich großes Vertrauen. Das ist praktisch die sicherste Bank. Bei anderen Produkten muss man sich schon sehr einlesen, um an die richtigen Informationen zu kommen. Aber jedes System bietet leider auch die Möglichkeit, missbraucht zu werden. Es ist wichtig, kritisch zu bleiben, auch um die Zertifizierenden zu motivieren, ihre Arbeit zu verbessern.
Was entgegnen Sie einem Mitbürger, der sagt, wenn ich mich auf das Fairtrade-Siegel nicht verlassen kann, dann kann ich ja gleich das billigere Produkt ohne Siegel kaufen?
Stapf: Wenn man sich auf das Absolute verlegt, ist das auch ein Weg, sich zu verstecken. Wenn von den zertifizierten Waren auch nur 90 Prozent wirklich fair sind, habe ich auch schon viel getan. Es geht ja um Menschen, die wirklich - was Gesundheit und Armut betrifft - unter dramatisch schlechten Bedingungen arbeiten und leben, da haben fair gehandelte Waren schon viel verbessert.
Karlsruhe trägt selbst das Siegel „Fairtrade-Stadt“. Was kann eine Kommune in Deutschland tun, um die Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen in fernen Ländern zu verbessern?
Stapf: Ein Thema sind natürlich Aufklärung und Information mit Aktionen wie der Fairen Woche. Wichtig ist auch, dass so ein Siegel ja nicht eine Verwaltung bekommt, sondern das Bemühen auch von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen wird und in der Stadt verwurzelt ist. So haben sich im Zeitraum von zwei Jahren die Verkaufsstellen fair gehandelter Waren in Karlsruhe von 60 auf 80 erhöht und wir verfügen über 30 Gastronomiebetriebe, die faire Produkte anbieten. Auch in ihren Beschaffungsrichtlinien hat die Stadt den Gedanken deutlich stärker als früher berücksichtigt, was sich zum Beispiel bei der Bekleidung der Feuerwehr niederschlägt. Dies auch auf die städtischen Gesellschaften auszudehnen ist ein nächstes Ziel. JF