Das hätte sich die politisch aufgeklärten und korrekten Mütter und Väter der Generation 68 ff. nicht träumen lassen, dass sie später in den romanhaften Rückblicken ihrer nunmehr erwachsenen Kinder vor allem als Witzfiguren und Karikaturen ihrer selbst in Erscheinung treten werden. Aber vielleicht haben sie es auch nicht besser verdient. In ihrem Buch „Müslimädchen“ erzählt die gebürtige Karlsruherin Franziska Seyboldt (Jahrgang 1984) von ihrer naturbelassenen Kindheit unter der Fuchtel ihrer Öko-Eltern, die sich vor allem in der Pubertät als wahre Spaßbremsen erweisen und in der jungen Franziska erst recht die Sehnsucht nach den Verheißungen der verdammten Konsumwelt wecken. Die taz-Redakteurin liest am 6. in der Stadtbibliothek Ettlingen, in der Stadt, in der sie unter den geschilderten Umständen aufgewachsen ist.
Lisa Kränzler (Jahrgang 1983) ist Schriftstellerin und Bildende Künstlerin, studiert hat sie an der Karlsruher Kunstakademie. Zur Zeit ist sie aber eher als Autorin im Gespräch, ihr zweiter Roman „Nachhinein“ war für den Preis der Leipziger Buchmessevorgeschlagen und ist eines der meistgehandelten Bücher der Saison. Am 17. (19 Uhr) liest Lisa Kränzler aus ihrer Geschichte zweier Freundinnen aus höchst unterschiedlichen Milieus, die letztlich doch nicht zusammenkommen. Björn Bicker ist außerordentlich vielseitig, er war und ist Dramaturg und Theaterdozent, er schreibt Theaterstücke, Hörspiele und Essays – und er hat nun auch einen Roman vorgelegt: „Was wir erben“, eine ungewöhnliche, detektivische Familiengeschichte. Am 26. (19 Uhr) ist Björn Bicker zu Gast im Blauen Salon, Lorenzstr. 15, HfG Karlsruhe. Der Eintritt ist wie üblich frei.
„Hikikomori“ ist die japanische Bezeichnung für die Stubenhocker neuen Typs, die sich fast völlig von der sie umgebenden Realität abkoppeln und sich stattdessen in virtuellen Welten tummeln. Der junge Schriftsteller Kevin Kuhn schildert das Phanomen am Beispiel des Schülers Till, der sich, nachdem es mit dem Abitur nichts geworden ist, in seinem Zimmer einschließt und den Computer einschaltet. Am 3. liest Kevin Kuhn im KOHI-Kulturraum am Werderplatz in der Reihe Lesung Süd von Literarischer Gesellschaft und Stephanus Buchhandlung, die schon am Tag darauf, am 4., zu einer Lesung ins Literaturhaus einladen. Der mehrfach ausgezeichnete Lyriker Walle Sayer stellt seinen Gedichtband „Strohhalm, Stützbalken“ vor.
„Wartet nicht auf beßre Zeiten“ lautet – frei nach Wolf Biermann – der Titel der Dokumentation über die Literatur in Baden-Württemberg von 1970-2012. Hansgeorg Schmidt-Bergmann, Chef der Literarischen Gesellschaft, stellt die lesenswerte Publikation am 11. vor, anschließend liest Peter Schneider, der ein Stück jüngerer deutscher Literaturgeschichte verkörpert, aus seinem neuen Buch „Die Lieben meiner Mutter“. Nach dem Tod seiner Mutter hat Schneider ihren Briefwechsel entdeckt und dabei herausgefunden, dass sie ein Doppelleben führte, als brave Ehefrau und Mutter und als Geliebte eines bekannten Opernregisseurs.
Frei ist der Eintritt bei einer Präsentation von Literaturstipendiaten des Landes am 25. (19 Uhr, Literaturhaus). Matthias Nawrat, der für seinen Debütroman „Wir zwei allein“ ausgezeichnet wurde, ist noch ein relativ unbeschriebenes Blatt, Albrecht Selge, der Zweite im Bunde, konnte schon einige Preise und Anerkennung nicht zuletzt für seinen Debütroman „Wach“, dessen schlafloser Held durch Berlin flaniert, die bewegteste Biographie kann aber gewiss die Stuttgarterin Gabriele Riedle (Jahrgang 1958) vorweisen. Sie hat für den Spiegel und Die Zeit Berichte aus Krisen- und Kriegsgebieten geschrieben, zurzeit arbeitet sie für das Magazin Geo. In ihrem Roman „Überflüssige Menschen“ entwirft sie ein großes deutsches Zeitpanorama mit Schwerpunkt aus der Aufbruchstimmung der 70er-Jahre.
„Wie die Sterne, die explodiern und sich dann verliern“. So haben Paul Blau alias Martin Schmitt und Tobias Wütz ihren lyrisch-musikalisch-visuellen Abend zum Thema Paris überschrieben. Mit lyrischen Texten, Videos und Live-Musik zaubern sie am 28. Pariser Flair ins A & S-Bücherland (Rintheimerstr.19).
Eva Klingler ist die umtriebigste und produktivste Person im Karlsruher Literaturbetrieb. Vor kurzem ist schon wieder ein Krimi von ihr erschienen, in der wie eigentlich immer die vergangenen und die aktuellen Geschehnisse in der Region eine große Rolle spielen, allein schon wegen des Wiedererkennungseffekts. Schauplatz eines vermeintlichen Selbstmords ist das neue Outletcenter im elsässischen Roppenheim, Detektivin Swentja Tobler, selbst den schönen und teuren Dingen zugeneigt, glaubt nicht, dass Eva Mondrian, die Chefin eines Modeladens, sich umgebracht hat. Gemeinsam mit dem modisch eher laxen Ettlinger Kommissar Hagen Hayden versucht sie zu ergründen, was und wer hinter der Sache steckt. In Begleitung des Gitarristen Volker Schäfer liest sie am Sonntag (16.) um 16 Uhr im Verkehrsmuseum (Werderstrasse 63). Fünf Tage später am 21. (19.30 Uhr) gastieren die beiden im Kronensaal in Eggenstein, diesmal gibt Eva Klingler badische Schmankerl und Schmonzetten aus ihren Büchern „Beinahe Toskana“ und „Frauen wie wir“ zum Be-sten.
Das Karlsruher Literaturprojekt AUTORiKA geht neue Wege. Am 5. (19.30 Uhr) verwandelt AUTORiKA-Initiator André Richter zusammen mit Marion Hofmann, die die Buchreihe Lesepause herausgibt, das Atelier Kunst-Instinkt (Im Steingerüst 6) in eine Lesebühne. Marion Hofmann gibt Appetithäppchen aus ihrer Buchreihe zum Besten, André Richter Auszüge aus seinem Buch „Kein Blatt vor dem Mund“ und Kostproben aus seinem Kabarettprogramm.
Den Journalisten Till Hein hat es vor zehn Jahren von Basel nach Berlin verschlagen, diesen Kulturschock hat er anscheinend immer noch nicht recht verdaut, in Kolumnen für den Tagespiegel und nun auch noch in einem ganzen Buch schildert er die Erlebnisse und Beobachtungen eines Schweizers in der deutschen Hauptstadt. In der Buchhandlung Hoser + Mende (Karlstr.76) in Karlsruhe, also fast schon in heimatlichen Gefilden, liest er am 11. aus „Der Kreuzberg ruft!“ .
Der Journalist und gelernte Soziologe Andreas Boueke ist noch weiter in den Welt herumgekommen, besonders intensiv hat er sich mit Guatemala befasst, einem ärmsten südamerikanischer Länder mit extrem hoher Verbrechensrate. In seinem Buch „Guatemala – Recherchen auf heißem Pflaster“ gibt es aber auch Spuren von Hoffnung, den Widerstand eines Dorfes gegen einen Ölkonzern, die sichtbaren Vorteile des fairen Kaffeehandels. Mehr darüber verrät er selbst am 6. (19 Uhr) im El Tesoro (Rheinstr.85)
Veranstaltungsbeginn, wenn nicht anders angegeben, ist 20 Uhr.