Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 06.2013
Verschiedenes Lesungen / Vorträge

 

Hannes Heer

Bild - Hannes Heer
„Felix Mottl & Cosima Wagner“
Zur Skandalinszenierung hochstilisiert wurde kürzlich Burkhard C. Kosminskis „Tannhäuser“ an der Düsseldorfer Oper. Der hatte die Geschichte des tabubrechenden Minnesänger mit drastischen Holocaust- und Erschießungsszenen als die Geschichte eines Naziverbrechers interpretiert, was die Wagner-Gemeinde zum Schäumen brachte. Zwölf zartbesaitete Wagnerfans sahen sich in ihrer Anbetung derart verletzt, dass sie sich nach dem Theaterbesuch in ärztliche Behandlung gaben, worauf der Intendant unter dem von der „Bild“-Zeitung angefeuerten öffentlichen Druck einknickte und den Düsseldorfer „Tannhäuser“ in der Folge auf das „Konzertante“ einschränkte und damit eine Debatte über Zensur eröffnete. Wie zielsicher Kosminskis Interpretation gewesen sein mag, blieb auch unter den Kritikern umstritten, doch wurde die Absicht Kosminskis überwiegend gewürdigt: „Er verhöhnt die Opfer des Nationalsozialismus nicht. Ganz im Gegenteil. Er erschüttert den Zuschauer, indem er das Leid der Opfer und die grausame Vernichtungsmaschinerie der Nazis vor Augen führt“, hieß es etwa in der Rheinpfalz. Kunst muss verstören und beunruhigen können, sie muss nicht jedem gefallen. Dies gilt allemal, wenn es sich um die Aufführung einer Oper des Judenhassers Richard Wagner handelt, auch wenn hier die Empfindlichkeiten besonders bloß liegen. Dass Wagners Rezeptionsgeschichte nicht erst nach 1933 problematisch war, unterstreicht der Vortrag des durch die legendäre „Wehrmachtsausstellung“ bekannt gewordenen Historikers und Publizisten Hannes Heer, der sich in jüngster Zeit vor allem der Erforschung des Antisemitismus in der Musik widmet. Seine seit dem vergangenen Jahr auf dem Grünen Hügel gezeigte Ausstellung „Verstummte Stimmen. Die Bayreuther Festspiele und die Juden 1876 bis 1945“ belegt, dass lange vor 1933 die Besetzungspolitik Cosima und Siegfried Wagners bei den Festspielen von Judenhass und Rassenideologie geprägt war. Zahlreiche jüdische Künstlerinnen und Künstler wurden aus „rassischen“ Gründen gar nicht erst oder nur in bestimmten Rollen engagiert. Cosima, die nach Richard Wagners Tod die Festspielidee erbte und daraus erst das Format des bis heute weltberühmten Opernfestivals machte, fand in Felix Mottl, dem Musikdirektor des Karlsruher Hoftheaters, ihren wichtigsten Mitarbeiter und tatkräftigen Unterstützer ihres judenfeindlichen Kurses. > Studio, Badisches Staatstheater, Karlsruhe, Baumeisterstraße 11, 20:00 Uhr

Badisches Staatstheater

Hermann-Levi-Platz 1

76137 Karlsruhe

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