Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 12.2005
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Sommertheater in der Orgelfabrik

Anastasia opus 34

Eine junge Frau wird 1920 aus dem Berliner Landwehrkanal gefischt. Zwei Jahre verbringt die vermeintliche Selbstmörderin in einer „Irrenanstalt“. Über ihre Vergangenheit schweigt sie beharrlich. Sie ist „Fräulein Unbekannt“, ein Rätsel wie Kaspar Hauser oder der „stumme Pianist“. Doch dann die Verblüffung: Sie behauptet, sie sei Anastasia, jüngste Tochter der Zarenfamilie, Überlebende der Mordnacht 1918 in Jekaterinburg. Eine Romanow! Erbin der (nie aufgetauchten) Golddepots des letzten Zaren. Der Streit um die Wahrheit beginnt. Ein Stoff wie gemacht für das Theater in der Orgelfabrik. Familiengeheimnisse, ominöse Geschehen und ungeheuerliche Begebenheiten sind schließlich eine Spezialität der Truppe um Gabriele Michel und Franco Rosa. Und ausgerechnet ihnen spielte der Zufall einen Umschlag mit Originalfotos und Weihnachtsgrüßen von Anastasia zu, abgesendet in Amerika, wo sie sich unter dem Namen Anna Anderson niedergelassen hatte, gerichtet an einen Arzt im badischen Blumberg. Darin der vielsagende Vermerk: „In Karlsruhe hoffentlich“.
Er bezog sich wohl auf das ausstehende Urteil des BGH zur Identität Anastasias/Annas. Hatte wirklich eine der Zarentöchter die Erschießungen der Bolschewiken überlebt´ Ist Anastasia Großfürstin oder Hochstaplerin´ Graphologen, Anatomen, Historiker und die Gerichte befassten sich mit dieser Frage. 1984, nach ihrem Tod schließlich bewies eine DNA-Analyse, dass sie keine Romanow war - aber stammte das untersuchte Gewebe wirklich von ihr´ „Die Geschichte ist sehr spannend, und wenn sie wirklich Anastasia war, ist es brutal, wie man mit ihr umgegangen ist“, sagt Gabriele Michel. „Anastasia opus 34“, das Rosa und Michel aus der verwickelten Story gemacht haben, ist ein Theaterstück um fiktive Figuren, ihre Träume, ihre Vergangenheit und um ungewöhnliche Begegnungen.
So tauchen in Rosas Inszenierung Figuren aus Dostojewskijs „Dämonen“ und „Onkelchens Traum“ auf, auch eine von ihnen hatte es nach Karlsruhe geführt. Rasputin kommt natürlich vor, ein Heiratsantrag wird belauscht und von vergifteten Törtchen ist die Rede...Den ganzen August und bis zum 16. September geht es in der Orgelfabrik um Anastasias Geheimnis. Ab 24. September steht dann als Wiederaufnahme „Die Verwandlung“ auf dem Programm, das Stück nach Franz Kafkas unter die Haut gehender Erzählung um Identität und Abgrenzung von der Familie wie sie der zum Käfer mutierte Gregor Samsa erlebte. „Wir hoffen wie im vergangenen Jahr wieder viele junge Leute damit zu erreichen“, sagt Michel. Die traditionelle Mittwoch-Lesereihe des Sommertheaters unternimmt diesmal einen literarischen „Bummel durch Europa“. afr
Anastasia opus 34, Sommertheater in der Orgelfabrik, Uraufführung am 30.7., weitere Aufführungen am 5., 6., 12., 13., 19., 20., 26., 27. August und im September.

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