Bis vor kurzem wurden sie noch als Geheimtipp gehandelt, damit ist dann wohl finis, wenn Frank Wiedemann und Kristian Beyer dem Publikum vom Titel der Januarausgabe des bundesweit erscheinenden Gratismagazins für elektronische Musik und Clubkultur, Groove, entgegenblicken. Mit ihrer jüngsten Maxi und dem Track Rej, der schnell in die Charts einzelner DJs und bei Groove auf Platz 2 kletterte, aber bald auch international Beachtung fand, gelang dem Karlsruher Musiker- und Produzentenduo Âme ein kleiner Durchbruch. Johannes Frisch unterhielt sich mit Âme, dessen beide Mitglieder als Autor beziehungsweise Grafiker mit der Klappe Auf verbunden sind.
Sie hatten sich im Plattenladen in der Karlsruher Südstadt kennengelernt, den Kristian Beyer mittlerweile selbst als Plattentasche betreibt. So um 2000 hatten Frank Wiedemann, von Hause mit Jazz und Fusion groß geworden, und Kristian Beyer, über Alternative Rock zu Techno und House gekommen, eine gemeinsame Schnittstelle entdeckt, die in der damals virulenten Kombination von Jazz, House und broken beats zu finden war. Auf gemeinsame DJ-Abenteuer folgten die ersten eigenen Tracks, mit denen man bald beim hippen Berliner Sonar Kollektiv Anklang fand. In dessen Umfeld reisen Âme noch heute als DJs um den Globus, wobei das Schöpfen eigener Produktionen längst den gleichen Stellenwert genießt.
Wie entstehen Eure Tracks´ Wie ist zum Beispiel Rej geworden´
Frank: Das sollte eigentlich etwas ganz anderes werden, eher eine experimentelle Nummer, bis wir merkten, dass das so nicht funktioniert. Dann ist praktisch das Arpeggio als Ausgangspunkt eines neuen Stückes übrig geblieben.
Kristian: Das ist oft so, dass es im Entstehungsprozess morpht, sich etwa aus einem Soundexperiment etwas ganz anderes ergibt.
Tatsächlich ist es Frank Wiedemann, der schon vor Âme mit seinem Projekt Soul FC auf einer der populären Future Sound Of Jazz-Kompilation gelandet war und als Musiker die ganze technische und musizierende Arbeit des Duos übernimmt. Kristian Beyer, von Hause aus DJ und Plattensammler, übernimmt hingegen die Aufgabe des Produzenten, der auch noch nach fünf Stunden intensiven Arbeitens, die nötige Distanz behält, um zu beurteilen, ob eine Bass Drum richtig kickt. Wiedemann hingegen, der Musiker, träumt bisweilen davon, die gemeinsame Musik einmal mit einer Band live auf die Bühne zu bringen.
Das französische Wort Âme bedeutet Seele, ist das auch eine Referenz an Soul als Musikrichtung´
Kristian: Ja, auf jeden Fall. Wir haben beide viel Soul gehört, und hören immer noch Soul, und so fließt das mit ein in unsere eigene Musik.
Das kann man auf Eurem Debutalbum aus dem Vorjahr gut erkennen. Eure aktuelle Maxi jedoch kommt zwar als geläuterter, aber dennoch purer Techno daher, wo bleibt da der Soul´
Kristian: Viele nennen das, was wir da machen Techno Soul. Da ist zwar der Soul-Stil nicht präsent, aber eine gewisse Wärme, ein bestimmter Ausdruck und die Harmonie lassen sich durchaus auf Soul zurückführen. Ich sehe das auch nicht so sehr als Stil, vielmehr als Überbegriff. Wichtig ist, dass es keine Maschinenmusik ist, sondern eben Seele hat.
Als DJs sind Âme mittlerweile weithin gefragt, in Südafrika, Paris, London oder Berlin, aber natürlich auch in Karlsruhe, wo sie an jedem letzten Freitag des Monats in der mood lounge zu erleben sind, stehen sie mal solo oder als Duo hinter den Plattentellern. Auf der Tanzfläche freilich trennen sich die Wege.
Als DJ legt man in aller erster Linie zum Tanzen auf. Tanzt ihr selbst´
Kristian: Aber sicher, wenn mir die Musik gefällt.
Frank: Eher selten, bei mir ist es eher so, dass ich Musik mache, damit ich nicht tanzen muss.
Als Clubmusik mit Anspruch bezeichnen sie ihre eigene Musik, und damit ist der eigentliche Platz ihrer Musik im öffentlichen Raum definiert. Wenn die Musik auch im heimischen Wohnzimmer funktioniert und gefällt, freut es die beiden, auch wenn sie nicht gerade am Soundtrack zum Bügeln basteln.
Frank: Unsere Tracks sollten so sein, dass sie in einem DJ-Set auffallen. Viele Techno-Stücke bestehen nur aus Beats, die sechs Minuten lang durchlaufen, ohne weiter aufzufallen. Das ist bei uns anders. Die meisten Stücke haben zum Beispiel an irgend einer Stelle einen Bruch, bei dem auch etwas im Publikum passieren sollte.
Ein zweites Âme-Album ist derzeit (noch´) nicht in der Planung, dafür haben die beiden Karlsruher schon eine Reihe weiterer Tracks und Remixe in der Pipeline. So erscheint im Januar ein bereits in der Presse gehypter Remix von Tarzan des Soul-Jazz-Vibraphon-Wizards Roy Ayers und kurz darauf eine Kooperation mit dem Berliner Star-DJ und Freund Dixon sowie Henrik Schwarz auf der Innervisions-Reihe des Sonar Kollektivs.
Termin: mood lounge, Bürgerstr. 12, Freitag, 27. Jan ab 22 Uhr ´´´