Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 06.2010
Verschiedenes Filme

 

Mammut

Der schwedische Filmemacher und Schriftsteller Lukas Moodysson begreift das Kino durchaus als moralische Anstalt, das kann man schon an seinen ersten Filmen „Raus aus Amal“ und „Zusammen“ ablesen, noch stärker aber an „Lilja4ever“, in dem er die Geschichte eines russischen Mädchens erzählt, das beim Versuch dem häuslichen Elend zu entfliehen, einem internationalen Zuhälterring in die Arme läuft. In seinem bislang letzten Film, der bei der Berlinale 2009 sehr unterschiedliche Kritikerreaktionen hervorrief, treibt er seine Darstellung der Schattenseiten der globalisierten Welt noch weiter. In zwei ineinander verwobenen Familiengeschichten erzählt er an drei verschiedenen Schauplätzen von dem Unbehagen derer, die die Gewinner der Globalisierung sind, und vom Unglück derer, die ihre Arbeitskraft rund um den Globus verkaufen müssen. Das New Yorker Ehepaar Ellen (Michelle Williams) und Leo (Gael Garcia Bernal), sie ist Notfallchirurgin, er Computerspielerfinder, lebt im Wohlstand, hat aber kaum Zeit für die achtjährige Tochter Jackie. Um die kümmert sich Gloria (Marife Necesito), die ihre beiden Söhne auf den Philippinen zurücklassen musste, mit ihrem Verdienst aber dafür sorgt, dass es ihnen besser geht als den anderen Kindern aus dem Armenviertel. Als Leo zu einer millionenschweren Vertragsunterzeichnung nach Thailand fährt, wird er mit Zuständen konfrontiert, die sein Weltbild ins Wanken bringen. Zudem erliegt er den Reizen einer jungen Prostituierten, die ihn mit großer Hartnäckigkeit umwirbt. Die andere Seite des Sextourismus bekommt hingegen Glorias zehnjähriger Sohn zu spüren. Es ist schwer zu begreifen, warum der Film bei seiner Berlinale-Premiere so schlecht aufgenommen wurde, er zeigt die Welt, wie sie ist, ohne seine Protagonisten zu Karikaturen oder Feindbildern zu verzerren. Leo und Ellen merken sehr wohl, dass etwas nicht stimmt an ihrer Lebensart und – einstellung, am Ende aber bleibt alles beim Alten – nur mit neuen Dienstmädchen. Übrigens: Titelgebend ist ein kostbarer Füllfederhalter, in dessen Griff Elfenbein von sibirischem Mammut eingearbeitet ist, der Inbegriff von Luxus.

Kinostart: 10.6.