Erstmals seit drei Jahren ohne Gerüste verwandelt sich der Ettlinger Schlosshof in diesem Sommer zur Hotelfassade, vor der sich das schillernde Berliner Leben der Roaring Twenties entfaltet. „Das ist ein Tanz auf dem Vulkan“, sagt Udo Schürmer, der Intendant der Ettlinger Schlossfestspiele, der „Grand Hotel“ für dieses Jahr als Musical auf den Spielplan gesetzt hat. Das Thema „Hotel“ ist gerade groß in Mode, so gibt es in Baden-Baden die umfassende Ausstellung „Room Service“ über diesen mythenumrankten Ort der Phantasie in der Kunst, das Fernsehen dokumentiert die Geschichte von Brenners Parkhotel und ins Kino lockt Wes Andersons Filmkomödie „Grand Hotel Budapest“. „Ich habe schon sehr schmunzeln müssen, als ich sah, dass da die Filmkulisse dem Ettlinger Schloss doch sehr ähnlich sieht“, sagt Schürmer, der das amerikanische Musical nach Motiven aus Vicky Baums berühmtem Roman „Menschen im Hotel“ um 1990 in New York gesehen hatte und sich wundert, dass es bisher in Deutschland nur wenig gespielt wurde. „Das ist ein großes Entertainment-Musical, es wird geswingt und viel getanzt und es erzählt viele Lebensgeschichten voll Liebe, Romantik und Tod. All dies passiert mit einer großen Leichtigkeit, die einfach sehr unterhaltsam ist.“ „Grand Hotel“ sei das tanzlastigste Musical, dass wohl bisher in Ettlingen gezeigt wurde, und erfordere eine große Zahl von Solisten, die so wohl nur schwer an einem normalen Dreispartenhaus zu besetzen seien. Für die großen Musicalpaläste hingegen sei es vermutlich nicht massenwirksam genug. „Für uns ist es aber natürlich viel spannender, etwas auf die Bühne zu bringen, das nicht überall schon abgenudelt wurde“, sagt Schürmer, der in den vergangenen Jahren mit so unterschiedlichen Produktionen wie dem sozialkritisch-rockigen „Rent“, dem überaus populären Elton-John-Musical „Aida“ und zusetzt dem nicht nur musikalisch anspruchsvollen Grusical „Sweeney Todd“ durchweg ein glückliches Händchen bewies. Der Ruf der Ettlinger ist im Bereich Musical mittlerweile so gut, dass Schümer um prominente Darsteller wie in diesem Jahr die Musical-Stars Carsten Lepper oder Katja Brauneis gar nicht mehr groß buhlen muss. Schwieriger hingegen sei es, für eine durch die äußeren Bedingungen erschwerte Musical-Produktion unter freiem Himmel einen geeigneten Regisseur zu finden. So ist es für den eigentlich vom Schaupiel kommenden Schürmer Ehrensache, aber am Ende auch eine Finanzfrage, das komplexe und komplizierte Unterfangen als Regisseur selbst in der Hand zu behalten. Als Schauspiel hat im Juli „Nathan der Weise“ Premiere. „Das ist ein zeitloser Klassiker mit hoher Aktualität und großem Unterhaltungswert und keineswegs angestaubt“, findet Schürmer, der in diesem Jahr im Rahmenprogramm etwa mit dem zwischen Stomp und Blue Men Group angesiedelten Power!Percussion und einem Konzert des famosen Ettlinger Mandolinenorchesters auf neue Klangfarben setzt.
> Schlossfestspiele Ettlingen, 26.6. bis 16.8.2014,