Nachdem er auf seinen letzten Touren komplett auf den gewohnten Band-Sound verzichtete und statt dessen mit einem Orchester eine eher schwermütige Atmosphäre erzeugte, geht Peter Gabriel nun zurück zum Start. "Back to front" heißt die aktuelle Tournee, bei der er mit der Original-Besetzung der einstigen "So"-Tournee unterwegs ist. Zum 25jährigen Jubiläum des "So"-Albums spielt er dieses nun sogar komplett in voller Länge, u.a. am 13. Oktober 2013 in der Schleyerhalle Stuttgart.
Vor dem Konzert gibt er seinen beiden Background-Sängerinnen ab 19 Uhr, dem offiziellen Konzertbeginn, 20 Minuten, um eigenes Material live vorzustellen. Meist sind Vorgruppen eine Art Pflichtprogramm, das man so wie die Werbung im Kino ertragen muss, um später den Rest genießen zu dürfen, doch heute nicht. Jennie Abrahamson und Linnea Olsson begeistern das Publikum. Ihr eigenwilliger Sound passt ideal als Vorprogramm zu Gabriel, und ich bin sicher, dass sie anschließend viele CDs am Merchandising-Stand verkaufen.
Um 19:40 betritt Gabriel die Bühne und erklärt auf Deutsch die Dreiteilung des folgenden Programms: "Vorspeise, Hauptspeise und Nachtisch". Zwischen den Teilen wird es keine Pause geben. Die Vorspeise ist ein etwa zwanzigminütiger, rein akustischer Set bei eingeschalteter Hallenbeleuchtung, zuerst nur von Toni Levin begleitet die Demo-Version eines neuen, recht schwermütigen Songs, dann mit Band Come Talk To me, das in dieser Version etwas träge wirkt, dann Shock The Monkey, das unplugged hervorragend funktioniert und das eher kopflastige, aber grandiose Family Snapshot. Pünktlich um 20 Uhr erlischt die Saalbeleuchtung und die aufwändige Lightshow legt gleich mit Power los. Nun kommt der rockige Programmteil mit dem vollen Sound. Digging in the Dirt so richtig zum Mittanzen, Secret World, The Family and the Fishing Net, No Self Control, eine muntere, sehr tanzbare Version von Solsbury Hill, dann ein neues Lied, das er für einen Soundtrack geschrieben hat: Why Don’t You Show Yourself ". Es klingt etwas untypisch für Peter Gabriel, könnte eher von Leonard Cohen stammen, wirklich klasse! Dann folgt das komplette Album "SO". Der Sound klingt wieder wie früher, doch die Musiker seiner Band, auch damals schon Spitzenkönner, entwickelten sich weiter. Manu Katche ist einer der besten Schlagzeuger der Welt, und jetzt gibt er den alten Songs noch viel mehr Stärke. Was er aus Red Rain macht haut mich um. Die Light-Show ist wie bei Gabriel gewohnt recht aufwändig und ideenreich. Nach dem kompletten "SO" bringt als erste Zugabe The Tower That Ate People ein akustisches und optisches Inferno auf die Bühne. Anschließend folgt Biko, das natürlich keinesfalls beim Konzert fehlen darf, Ganz am Schluss hofft wohl jeder Fan noch auf "Here comes the flood" - vergeblich. Doch mehr als zwei Stunden Peter Gabriel, ergänzt durch ein gutes Vorprogramm - die Fahrt nach Stuttgart hat sich gelohnt!
Günter Kromer