Am 23. April ist der Tag des Bieres - ein Feiertag, der selbstverständlich in einer der auf den Ausschank von vergorenen "Cerealien" spezialisierten Lokalitäten begangen werden sollte. Erinnert wird an das im Jahr 1516 erlassene deutsche Reinheitsgebot, welches festlegt, dass nur Wasser, Hopfen und Malz –die Hefe war damals als Ursache der Gärung noch nicht bekannt- für die Bierherstellung verwendet werden darf.
In anderen Ländern gibt es keine oder kaum Beschränkungen: von Austern (!) bis Banane - alles kann rein. Es gibt Schokoladen- oder Pfirsichbier, es gibt Bier aus Mais, es wird mit Ahornsirup eingemaischt oder Kräuter werden dazu gegeben. Alle diese Biere dürfen auch in Deutschland verkauft werden und stehen im Regal neben den schlicht wirkenden deutschen Bieren.
Brauingenieur Rudi Vogel braut in seinen Hausbrauereien in Karlsruhe, Ettlingen und Durlach monatlich wechselnden Spezialbiere, wie z.B. Rauch- Dinkel- Märzen- oder Weizenbiere. Besonderer Beliebtheit bei den KSC-Fans erfreuen sich die "Aufstiegs- oder Nichtabstiegsbiere". Sie sind ein zusätzliches Angebot zu seinem unfiltrierten Pils, mit dem er im letzten Jahr beim European Beer Star mit der Bronzemedaille ausgezeichnet wurde. Wie steht ein so experimentierfreudiger Brauingenieur zum Reinheitsgebot?
Wird die Kreativität der deutschen Brauer durch das Reinheitsgebot nicht brutal ausgebremst?
Ich denke wir können innerhalb des Reinheitsgebots ganz viele tolle Biere brauen. Viele Möglichkeiten haben wir jedoch noch nicht ausgeschöpft um den Biergeschmack zu verfeinern. Von daher stehe ich hinter dem Reinheitsgebot, auch weil es dazu geführt hat, dass unser Bier nach wie vor ein reines Lebensmittel ist. Es gibt selbstverständlich eine interessante Bierwelt außerhalb des Reinheitsgebots. Wir dürfen ja jede Zutat benutzen, solange wir das Gebräu nicht Bier nennen.
Ist das Reinheitsgebot für den Export deutscher Biere in andere Länder eher Fluch statt Segen? International spielen deutsche Brauerei doch so gut wie keine Rolle.
Ich denke es ist beides. Segen deswegen, weil jeder weiß: Deutsches Bier ist ein natürliches, transparentes und verlässliches Lebens- und Genussmittel.
Fluch deswegen, weil ohne Reinheitsgebot einige deutsche Marken mit Sicherheit Global Players wären. Aber die Technologieforschung ging in Deutschland eben nur innerhalb des Reinheitsgebots und so konnte man in der Vergangenheit nicht wirklich sehr langlebige, wohlschmeckende Biere herstellen.
Was sind die markantesten Variationsmöglichkeiten beim Brauen? Wie kann man die Geschmacksnote am deutlichsten beeinflussen, so dass auch ein sensorisch weniger geschulter Konsument dies bemerken kann?
Wir haben unseren Hopfen lange Zeit vernachlässigt. Jetzt gibt es eine lebendige Szene, die mit den unterschiedlichsten Hopfensorten arbeitet. Das ist momentan die markanteste Möglichkeit. Das nächste sind die Hefesorten, da ist auch noch viel Reserve drin. Insgesamt gibt es weltweit tolle Biere und wir deutschen Brauer sind in der Vergangenheit etwas ins Hintertreffen geraten. Aber momentan gibt es viele Kreative -natürlich nicht die Großbrauer- in der Bierszene, so dass wir den Anschluss an die Bier Champions League wiedergefunden haben und ganz oben mitspielen können.