Vor kurzem antwortete ein britischer Maler auf die Frage Woran man Kunst erkennt´ mit zwei schlichten Worten Am Preis. Die moderne Kunst hat in Sachen Transubstantation die Katholische Kirche in Schatten gestellt. Während sich bei der Abendmahlsfeier eine Oblate in den Leib Christi verwandeln soll, verwandelt sich beim Überschreiten der Schwelle von Galerien und Kunstmuseen regelmäßig Scheiße in Kunst und damit (siehe oben) auch noch in Gold bzw.Geld.
Zugegeben: Scheiße ist kein schönes Wort und sollte tunlichst vermieden im öffentlichen Diskurs, aber es ist nun mal naheliegend, weil doch tatsächlich schon vor mehr als vierzig Jahren ein Künstler namens Piero Manzoni (ein Vertreter der Arte Povera) das Kunststück fertig gebracht hat, seine Exkremente in Dosen abzufüllen und als Künstlerscheiße zu vermarkten. Eine der wertvollen Dosen habe ich vor kurzem gesehen. Der Deckel schien sich bedenklich zu wölben, aber niemand wagt die Dinger zu öffnen, weil das ja das Kunstwerk zerstören würde. So lebt der schon 1963 verstorbene Manzoni fort und fort als stinkendes Etwas in Dosen, wenn es sich nicht vielleicht doch um gezuckerte Pfirsichhälften oder Erbsen mit Möhren handelt. Ich habe keinen Betrachter der konservierten Merda d´Artista lachen oder auch nur schmunzeln sehen.
Es ist wohl wahr, was Dietrich Schwanitz in dem Bestseller Bildungüber die Klientel der modernen Kunst sagt: Wer hingerissen und andächtig in einer modernen Galerie vor einem Schrotthaufen oder einem gerahmten Fettfleck steht, hat die Haltung gegenüber traditioneller Kunst auf die moderne Kunst übertragen. Seiner bedeutenden Miene sieht man dann an, daß er nichts versteht. Und daß er nicht einmal weiß, daß er nichts versteht.
An Stelle der röhrenden Hirsche, der feurigen Zigeunerin und der lieblichen Landschaften, die früher einst Bürgerstuben schmückten (einige Exemplare haben wohl überlebt in der guten Stube von Omas und Opas, die kunstmäßig hinterm Mond leben), hängen zumindest in den Wohnzimmern der Besserverdienenden mit kulturellem Anspruch längst Exponate der Modernen Kunst, vielleicht so ein monochromes Gemälde, dass in Yasmina Rezas Theaterstück Kunst für Zwietracht zwischen drei guten, alten Freunden sorgt. Bei dem großen Erfolg des Stückes, das vor einigen Jahren auf den europäischen Bühnen rauf und runter gespielt wurde, muß der Streitgegenstand, nämlich ein Bild mit dem Titel Weiße Streifen auf weißer Fläche, hunderte Male von irgendwelchen Bühnendekorateuren hingepinselt worden sein, schließlich ist es keine Kunst eine Leinwand mit weißer Farbe zu bemalen. Oder doch´ Fortsetzung folgt.