Für genau drei Wochen - bis zum 25. November - rückt der Tanz mit dem Tempel Tanz Festival in den Blickpunkt. 13 Aufführungen, zwei Filme und eine Ausstellung bringen regionale Highlights und internationale Stars in die Fächerstadt, die tänzerisch unter dem Jahr - vom Ballett des Badischen Staatstheaters abgesehen - von gelegentlichen Highlights zehrt. Der Bezug des Festivals zu der Szene der eigenen Stadt trägt in diesem Jahr reiche Früchte. Klappe Auf unterhielt sich darüber und neue Entwicklungen im Vorfeld mit den beiden Programmverantwortlichen Hans Traut von der Tanztribüne und Martin Holder vom Kulturzentrum Tempel.
Wieso sehnt sich der Tanz nach neuen medialen Erfahrungen. Gerade bei den im ZKM gezeigten Aufführungen, aber auch in den Stücken der Tanztribüne spielen neue Medien häufig eine große Rolle. In diesem Jahr gibt es sogar ein Handy-Projekt, bei dem das Publikum aufgefordert ist, währende der Vorstellung mit den Akteuren zu kommunizieren?
Hans Traut: Spätestens mit dem Tanztheater einer Pina Bausch öffnete sich die neuere Tanzentwicklung konsequent der Gegenwart und allen möglichen anderen Sparten, seien es etwa Bildende Kunst oder das Sprechtheater. Mit dem Aufkommen der neuen Medien rückten für uns Tänzer auch diese schnell in den Blickpunkt. Man kann diese projizierten Räume und virtuellen Welten natürlich mit dem Körper hervorragend ertanzen und sich in Beziehung setzen und an ihnen reiben.
Das Internationale Tanzfestival gibt sich in diesem Jahr sehr bodenständig. Zwei Vorstellungen mit Tänzern aus der Compagnie der Karlsruherin Sasha Waltz, über die auch ein Filmporträt läuft, ein Gastspiel der Lüneburger Truppe des Ex-Karlsruher Ballettdirektors Olaf Schmid, die zweimalige lange Nacht der kurzen Stücke und zwei Aufführungen eines abendfüllenden Tanzstücks der Karlsruher Choreografin Sarah Kiesecker. Gewinnt Karlsruhe in der Tanzwelt an Bedeutung?
Hans Traut: Die Sasha-Waltz-Ausstellung mit über 60.000 Besuchern hat dem Tanz in Karlsruhe einen Kick versetzt und auch Tänzer angezogen. So hatte ich in der letzten tanztribüne-Produktion sehr gute Tänzer zur Verfügung. Ich freue mich auch über Bestrebungen, die Szene hier besser zu vernetzen und habe da keinerlei Berührungsängste in jeder Richtung. Auch um die Karlsruher Szene zu fördern haben wir die Neuproduktion von Sarah Kiesecker unterstützt. Es geht da auch um einen Generationenwechsel in der Karlsruher Tanzlandschaft und das Aufbauen junger Talente.
Martin Holder: Karlsruhe ist sicherlich noch keine Tanzmetropole wie etwa Düsseldorf, wo das Tanzhaus nrw viel bewegt hat. Aber mit der Verpflichtung von Compagnien wie Hofesh Shechter in diesem Jahr gewinnt Karlsruhe auch in dieser Richtung sicherlich an Renomee.
Neu ist in diesem Jahr ein Breakdance Battle. Wie kommt es zu dieser Öffnung?
Martin Holder: Wir haben ja seit einiger Zeit das Vanguarde als Club in unseren Räumen, das wollten wir auch für das Tanzfestival inhaltlich einbeziehen und nicht nur als Ausstellungsraum nutzen. So kam über Jakob Siegmund der Kontakt zu dieser Szene. Es gab ja bereits in der Langen Nacht einzelne Ansätze. Wir wollen aber, wenn es gut läuft, die HipHop-Tänzer in Zukunft auch außerhalb des Festivals weiter pflegen. Es gibt da eine riesige Szene und sehr unterschiedliche Stile.
Welche neuen Entwicklungen nehmt ihr gegenwärtig in der Tanzszene wahr?
Hans Traut: Auch wenn der Mensch ja nur zwei Beine und zwei Arme hat und auch seine Gelenke nur in einem bestimmten Rahmen belastbar sind, gibt es immer wieder kleine Weiterentwicklungen und Verfeinerungen. Dafür steht für mich an erster Stelle Hofesh Shechter, den wir in diesem Jahr deswegen eingeladen haben. Er hat die Ensemblechoreografie enorm weitergebracht und betreibt so eine Art Expressionismus im Internetzeitalter. Das ist schwer zu beschreiben, man muss es gesehen haben. Eine andere wichtige Sache ist die Begegnung von Livemusik und Tanz, die wir mit dem Klavier-Avantgardisten Hauschka und dem Sasha-Waltz-Tänzer Edivaldo Ernesto im Programm haben. Solche Gelegenheiten gibt es leider viel zu selten.
> Tanz Festival Tempel, 5. bis 25. November 2014, Kulturzentrum Tempel, ZKM, Kulturzentrum Tollhaus, Kinemathek Studio 3,