Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 07.2014
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Sicherheit beim Das Fest

Markus Wiersch

70.000 Besucher auf engem Raum - beim Fest spielen nicht nur die Bands auf der Bühne sondern auch ganz wichtig das Thema Sicherheit eine zentrale Rolle. Markus Wiersch sorgt seit vielen Jahren mit viel Engagement dafür, dass sich alle beim Fest wohl fühlen können.

Was steht bei den Sicherheitsaspekten im Vordergrund?

Die gesetzlichen Vorgaben wie z.B. Barrieren stehen in der Versammlungsstätten-Verordnung und in der Brandschutz-Ordnung, doch für weitere Maßnahmen greifen wir auf unsere langjährigen Erfahrungswerte zurück. Ein sehr entscheidender Faktor ist für uns auch, dass sich die Besucher wohl fühlen. Wer sich wohl fühlt, der verhält sich anders als jemand, der frustriert, verärgert oder sogar wütend ist. Psychologische Aspekte spielen daher bei der Sicherheitsplanung auch eine große Rolle. Die Besucher sollen sich als Mitwirkende für eine gelungene Veranstaltung fühlen, nicht einfach nur ein Ticket kaufen und dann alle Verantwortung abgeben. So wie jeder, der einen Führerschein hat, für einen störungsfreien Verkehrsablauf mit verantwortlich ist. Dies wird auch in unserer neuen Broschüre "Du bist Sicherheit!" vermittelt, die beim Fest verteilt und nächstes Jahr schon im Vorverkauf den Tickets beigefügt wird.

Ihr tauscht auch mit anderen Veranstaltern Erfahrungen aus.

2002 wurde eine Vereinigung großer europäischer Festival-Veranstalter gegründet, um gemeinsam aus den Erfahrungen zu lernen, über Erfolge, aber auch fehlgeleitete Sicherheitsmaßnahmen zu reden, wissenschaftliche Studien zu besprechen und auch von unerwarteten Ereignissen zu berichten, die noch nie zuvor irgendwo passiert sind. Innerhalb von 8 Jahren gab es schon 16 Treffen, bei denen auch ich teilnehme.

In den Stoßzeiten ist die Bewältigung solcher Menschenmassen sicher nicht einfach.

Zwei Quadratmeter pro Person ist das Soll, bei vier Personen pro qm können sich die Leute gerade noch bewegen. Natürlich verteilt sich diese Masse nicht gleichmäßig über das Festgelände, da viele das Konzert direkt vor der Hauptbühne sehen wollen. Einen Teil dieses Andrangs können wir kompensieren, indem wir z.B. hinter dem Hügel den Leuten Gelegenheit bieten, das Konzert stressfrei auf großen Videowalls zu erleben. Drei Tage lang brauchen wir für täglich bis zu 70.000 Besucher die komplette Infrastruktur mit Getränken, Essen und Toiletten, das entspricht einer kompletten Kleinstadt. Klar ist, dass es trotz aller Logistik nach dem Konzert des Hauptacts nie genügend Toiletten geben kann, aber insgesamt soll die Versorgung gut laufen. Wer sich ärgert, weil er irgendwo zu lange in einer Schlange stehen muss, könnte eventuell für einen negativen Wandel der Stimmung sorgen. Das Wetter bleibt grundsätzlich bei jeder Open-Air-Veranstaltung weltweit ein großes Fragezeichen. Muss man während eines Konzertes abbrechen, weil ein schweres Unwetter naht, führt das zu großem Gedränge. Hier ist es wichtig, dass man erstens schon im Voraus überlegt, ab welcher Situation ein Abbruch sicherer als ein Abwarten ist und zweitens schon die ganzen Jahre über beobachtet, wie sich die Menge in Stoßzeiten bewegt, und möglichst schnell viele Fluchtwege in alle Richtungen öffnet.

Eure langjährige Erfahrung zahlt sich sicherlich aus.

Durch die langjährige Zusammenarbeit mit den Rettungskräften wissen wir, wo Probleme auftauchen können und haben darauf entsprechend reagiert. Wir bekommen auch oft wichtige Hinweise von den Besuchern, doch nicht alles kann umgesetzt werden. Manche argumentieren, dass dringend mehr Barrieren gebraucht werden, andere halten gerade die Barrieren für gefährlich - hier muss man anhand der langjährigen Erfahrungen einen optimalen Mittelweg finden. Die genauen Positionen der Barrieren haben wir im Laufe der Jahre 7 bis 8 Mal geändert, bis wir die unserer Meinung nach ideale Verteilung fanden, die nun seit drei Jahren so steht. Inzwischen wissen wir auch, dass es nicht reicht, auf dem Gelände keinen Alkohol an Jugendliche zu verkaufen. Viele trinken vor dem Eingang eine Flasche Wein oder anderen Alkohol schnell auf ex, laufen noch scheinbar nüchtern durch die Kontrolle, werden aber eine halbe Stunde später, wenn der Alkohol Wirkung zeigt, auf dem Gelände zum Problem. Inzwischen stehen Jugendschutz-Teams vor dem Eingang und sprechen solche Gruppen gezielt an. Ebenfalls Erfahrung sammeln konnten wir mit dem anfallenden Müll. Als vor einigen Jahren zeitweise die Mülleimer überfüllt waren, hörten die Besucher schnell auf, den Müll zu den Sammelstellen zu tragen und ließen ihn überall auf dem Gelände liegen. Auch bei der Vor-Fest-Woche, die immer mehr Besucher anspricht, müssen wir verstärkt Sicherheitsaspekte berücksichtigen. Dieses Jahr werden Ordner dafür sorgen, dass nicht wie bisher vor der Bühne zwischen den Zuschauern Fahrräder das Gelände blockieren. Einerseits ist das Fest-Gelände wegen seiner landschaftlichen Besonderheit viel schwerer zu organisieren als auf einer großen, leeren und ebenen Fläche, andererseits führen gerade die Entspannungsbereiche an der Alb und den Seen, aber auch die Besonderheit, dass hier mehrere Generationen gemeinsam feiern, zu einer einzigartig friedlichen Atmosphäre.

Wie viele Arbeitsstunden fließen in die Fest-Sicherheit ein?
Tausend Stunden reichen sicher nicht, davon sind aber ganz viele ehrenamtlich.