Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 06.2012
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Udo Schürmer

Intendant und Musical-Regisseur

Mit „Aida“, mal nicht als Oper von Verdi, sondern als Pop-, Rock- und Soul-Musical von Tim Rice und Elton John, hat am 28. Juni das Flaggschiff der Ettlinger Schlossfestpiele Premiere. Für Klappe Auf unterhielt sich Johannes Frisch mit dem Schlossfestspiel-Intendanten Udo Schürmer über seine Arbeit als Musical-Regisseur.


Als Intendant der Schlossfestspiele haben Sie sich auf die Inszenierung von Musicals spezialisiert. Was schätzen Sie besonders an dieser Sparte´

Udo Schürmer: Die Musik transportiert viel Emotion und es ist eine Herausforderung, Geschehen und Text in Einklang mit dieser Vorgabe zu bringen. Dazu kommen Choreographie und die andere Optik, die mich als Schauspielregisseur am Musical reizen. Für mich lebt der Beruf des Regisseurs gerade auch von der Abwechslung der Herausforderungen.

Im vergangenen Jahr haben Sie mit Rent eine mutige Wahl getroffen und wurden belohnt. Ein hierzulande weitgehend unbekanntes Musical mit einer Geschichte aus dem Millieu der Underdogs hätte ja auch zum schwierigen Thema werden können. Kann man mit einem Musical Stoffe anders transportieren, als mit dem Schauspiel´

Schürmer: Mit der Musik erreicht man die Menschen auf anderem Wege. Auch wenn einem das, was auf der Bühne passiert, vielleicht nicht gefällt, sind da immer noch die Stimmen und die Melodien, die einen ansprechen. In der Oper etwa muss ich mir eine schlechte Inszenierung nicht unbedingt anschauen, ich kann auch die Augen schließen und die Musik genießen.

Diesmal gibt es eine verwickelte Liebesgeschichte aus Ägypten, einen populären Titel und einen superprominenten Komponisten. Sind sie damit auf der sicheren Seite´

Schürmer: Man ist nie auf der sicheren Seite. Wenn man es so angeht, hat man schon verloren. Man muss aus allem erst einmal sein Eigenes machen. Natürlich helfen ein bekannter Titel und ein prominenter Komponist beim Verkauf, am Ende entscheidet aber doch das Ergebnis.

Ist es ein Handicap, unter den Bedingungen einer technisch doch eingeschränkten Bühnensituation ein Musical zu inszenieren, wenn die Menschen mit den hochgestecktesten Erwartungen der megalomanischen Musicalhäuser in den Schlosshof kommen´

Schürmer: Für den Regisseur ist es zunächst schwierig, dass es zum Beispiel keine schnellen Auf- und Abgänge, dass es kein Dunkel gibt und Umbauten kaum möglich sind. Aber mir bereitet es ausgesprochenen Spaß, alle Veränderungen aus dem Spiel heraus zu motivieren. Dann fallen diese spielortbedingten Unzulänglichkeiten dem Publikum gar nicht auf, ja sie schaffen sogar einen eigenen Reiz. Wenn es gelingt, die Zuschauer auf die richtige Schiene zu setzen, gehen sie alles mit. Dies habe ich beim Kinder- und Jugendtheater gelernt. Früher wurde auch ohne große Technik Theater gemacht, und das hatte auch seine Qualität.

Welche Botschaft hat Aida´

Schürmer: Es ist zunächst eine große Liebesgeschichte. Ein Mann zwischen zwei Frauen. Es geht aber auch, ohne das platt zu verstehen, um Unterdrückung und Rassismus. Denn auf der einen Seite steht der Heerführer, der mit der Pharaonentochter an seiner Seite den Thron besteigen soll, auf der anderen Aida, die einem Volk angehört, das von den Ägyptern als Sklaven gehalten wird. Am Ende sind menschliche Größe und das Überwinden der unmenschlichen Barrieren durch Verständnis füreinander die große Botschaft.

Wo liegen Ihre musikalischen Vorlieben´ Welche Beziehung hatten Sie bisher zu Elton John´

Schürmer: Wir sind doch alle mit seinen Pop-Songs groß geworden. Das schöne am künstlerischen Beruf ist, dass man sich in der Arbeit auch persönlichen Vorlieben widmen kann. Bei der Arbeit muss man sich auf die Vorgabe immer weiter einlassen und entdeckt so Tag für Tag immer wieder Neues. Wenn man mit einer Arbeit beginnt, begreift man deren Dimension oft noch nicht in vollem Umfang. Deshalb braucht es auch eine gewisse Ruhe und Freiraum, um für diese Entdeckungen offen bleiben zu können.

Wie haben Sie die teilweise ja renommierten Künstler Ihres Ensembles zusammenbekommen und mit welchen Argumenten haben Sie sie für Ettlingen gewonnen´

Schürmer: Bestimmt nicht mit der Gage! Aber es wird immer leichter, ein tolles Ensemble zusammen zu bekommen, weil sich - ohne mir auf die Schulter klopfen zu wollen - die Qualität herumgesprochen hat. Es ist eine Referenz hier am Musical mitzuwirken und sich trotz schlechter Honorare zu verausgaben.

Das im vergangenen Jahr produktiv genutzte Thema Baustelle im Schlosshof ist in diesem Jahr noch nicht ganz vom Tisch. Wie wirkt es sich auf Aida aus´

Schürmer: Wir hatten mit einem freien Schlosshof geplant, um im Herbst zu erfahren, dass der rechtzeitige Abschluss der Renovierung nicht garantiert werden kann. Also haben wir entschieden, noch einmal mit dem Gerüst zu spielen. Wir sind darüber nicht unglücklich, weil wir eine neue Lösung gefunden haben, die den Produktionen entgegenkommen wird. Man kann es auch als eine Art von Freiheit betrachten, zwei Jahre lang nicht auf die Barockfassade als Kulisse angewiesen zu sein.

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