Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 03.2011
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Hochschule für Musik

Hören in die Zukunft

Manch ein Karlsruher hat sich schon gewundert über die jungen Menschen – oft asiatischer Herkunft – die an der Haltestelle Gottesauer Platz die Bahn mit einem Instrumentenkasten auf dem Rücken verlassen. Ziel dieser jungen Leute ist das Schloss Gottesaue mit der Hochschule für Musik.

Im Schloss Gottesaue bewegen sich die Studenten und auch die Besucher von Hochschul-Veranstaltungen in malerischem Ambiente. Das im Krieg weitgehend zerstörte Schloss wurde in seinem markanten Farbton – manche würden rosa dazu sagen – wieder aufgebaut. Trotz seiner historizistischen Gestaltung kann man bei genauem Hinsehen manch neuzeitliches Kuriosum daran entdecken – so etwa in einer Fassadennische eine in Stein gemeißelte Colaflasche. Im Untergeschoss des Gebäudes befindet sich übrigens das älteste Kellergewölbe von ganz Karlsruhe. Was in der Nachkriegszeit als Kinderhort genutzt wurde, beherbergt heute das Herzstück eines jeden Studiums: Die Cafeteria.

Im Schloss Gottesaue wird aber auch ordentlich gelehrt und gelernt: 560 Studierende aus mehr als 50 Ländern werden von etwa 200 Professoren, Dozenten und Lehrbeauftragten unterrichtet. Dabei kann die Hochschule äußerst renommierte Künstlerpersönlichkeiten wie Wolfgang Rihm, Sontraud Speidel, Reinhold Friedrich, Martin Ostertag und viele andere in ihrem Lehrkörper vereinen. Nachwuchsförderung für besonders begabte Vor-Studenten findet über das Sparda-PreCollege statt. Und wer als Privatperson oder Institution Interesse an der Förderung junger Nachwuchskünstler hat, kann dies z.B. durch die Übernahme einer Studentenpatenschaft verwirklichen.

An der Karlsruher Musikhochschule kann man sich nun nicht nur an den gängigen Orchesterinstrumenten wie Geige, Oboe oder Schlagzeug ausbilden lassen, sondern auch Studiengänge wie Musikinformatik, Musikjournalismus, Musikwissenschaft, Schulmusik, Gesang, Musiktheater (die so genannte ‚Opernschule’), Dirigieren oder Komposition belegen. Ohne strenge Aufnahmeprüfung – insbesondere in den instrumentalen Fächern und im Gesang – geht hier aber nichts.

Das internationale Profil der Hochschule ist sehr lebendig und wird geprägt von über 50 Partnerhochschulen in Europa, außerdem Kooperationen mit den Hochschulen in Jerusalem, Ann Arbor (Michigan, USA), Chengdu in China, Moskau und Rio de Janeiro. Erst kürzlich tourte das Kammerorchester der Hochschule durch Israel. Zahlreiche Integrationsveranstaltungen – Lesungen mit Peter Härtling, Exkursionen oder ein Internationales Café – fördern die interkulturelle Kompetenz der Lehrenden und Studierenden.

Mit 5 Musikhochschulen in Baden-Württemberg – in Mannheim, Freiburg, Stuttgart und Trossingen – ist die Dichte dieses Hochschultyps bei uns im Ländle recht hoch. Die Karlsruher Hochschule ist darunter jedoch die erste, deren Bachelor- und Masterstudiengänge seit kurzem akkreditiert – also ganz offiziell europaweit zugelassen sind. Einzigartig ist an dieser Hochschule – sogar bundesweit – das Institut LernRadio, wo man sich unter professioneller Anleitung und mit feinstem technischem Equipment zum Musikjournalisten ausbilden lassen kann. Seit Herbst 2010 gibt es außerdem ganz neu den Bachelorstudiengang KulturMediaTechnologie. In diesem Kooperationsprojekt mit der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft wird das mediengerechte Aufbereiten von kulturellen Inhalten in Verbindung mit den neuesten Technologien gelehrt.

Zu den Ehemaligen der Hochschule gehört unter anderem das berühmte Fauré-Streichqartett, das 2010 zum wiederholten Mal mit einem Echo Klassik ausgezeichnet wurde. Auch marshall & alexander studierten einst im Schloss Gottesaue. Mit ihrem Album „Paradisum“ belegten sie 2010 den 4. Platz in den deutschen Klassik-Jahres-Charts. Und noch heute kehren sie gerne zum Beispiel für Benefiz-Konzerte an den Ort ihres Studiums zurück. In dieser Weise unterstützen sie auch das Bauprojekt, das derzeit rund ums Schloss zu besichtigen ist. – Nein, hier entsteht keine UStrab-Haltestelle, sondern ein großer Neubau mit Institutsräumen und vor allem einem 350 Plätze umfassenden Konzertsaal mit neuester Bühnentechnik. Im Sommer 2012 wird er fertig sein. Mit diesem Neubau wird die komplette Hochschule, die derzeit noch auf drei weitere Häuser in der Weststadt verteilt ist, zusammengeführt. Dann können im neuen Saal in schönster Akustik zahlreiche Konzerte vor großem Publikum stattfinden.

Darauf freut sich auch Hendrik Dörr, Leiter des Veranstaltungsbüros: „Mit 300 Konzerten im Jahr sind wir ja doch ein großer Konzertveranstalter in Karlsruhe und der Region“.Schließlich brauchen die 12.614.400.266 Töne, die nach hochoffiziellen Angaben an der Karlsruher Musikhochschule jedes Jahr erklingen, auch einen adäquaten Rahmen. Diese ganzen Töne erklingen schon jetzt im Schloss Gottesaue und im angrenzenden Marstall, wo das renommierte Institut für Musiktheater seinen Platz hat: In zahlreichen Solo-Rezitals, Konzertabenden ganzer Instrumental- oder Gesangsklassen, Preisträgerkonzerten, öffentlichen Meisterklassen, Opernabenden, musikalischen Fachvorträgen und vielem mehr geben die Studenten ihr Bestes. Vom Fagott-Rezital über den Swing-Gig der Big Band, Themenkonzerten zu J.S. Bach, einem literarischen Frankreich-Abend bis hin zum Musiktheater für Kinder ist alles dabei.

Aber natürlich gehen die jungen Musiker sehr gerne auch aus ihrem ‚Elfenbeinturm‘ hinaus in die Stadt und die Region: Sie musizieren in den so genannten ‚Konzerten in der Region’, oder bei Engagements z.B. im Hemingway in der Weststadt, in der Kleinen Kirche am Marktplatz, mit Musikern der Staatskapelle in der INSEL, bei der Händel-Akademie oder auch beim Open Air-Projekt ‚Karlsruhe klingt – music to go’. Bei der dritten Ausgabe dieses Festivals 9. Juli 2011 kann man die Studenten und Dozenten der Musikhochschule erneut an den verschiedensten Plätzen der Innenstadt erleben. Einmal pro Semester findet zudem ein großes Orchesterkonzert im Konzerthaus statt – etwa am 6. Mai 2011 mit dem Dirigenten Mario Venzago.

Übrigens ist bei einem Großteil der Konzerte im Schloss Gottesaue der Eintritt frei! Wer also hochkarätige Musik in schöner Schloss-Atmosphäre genießen möchte: Es lohnt sich ein Blick auf den Veranstaltungskalender der Musikhochschule unter www.hfm.eu, auf der auch steht, welche Konzerte per Livestream im Internet übertragen werden.