Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 03.2011
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Zeitzeuge Heiko Raether

Kneipen, KSC, Musik und Discos

Wie hieß der Geiger von The Flock´ Oder: Wie war die Mannschaftsaufstellung des KSC bei der Stadioneinweihung des Wildparkstadions´ Heiko Räther kann solche Fragen sofort beantworten.

Nebenbei erzählt einer der bekannteste Karlsruher DJ aus seinem Leben und damit aus der Rock- und Diskothekengeschichte der Stadt, und zwar mit genauem Datum und sämtlichen Details. Etwa die Geschichte der ersten Discos „Black Horse“ und „Tenne“, die morgens um zehn aufmachten und spätestens ab elf voller Schulschwänzer, Lehrlinge und Arbeitslosen war. „Wer eine fünf im Zeugnis nachweisen konnte, bekam einen Asbach gedopt auf’s Haus“, erinnert er sich - es war im Jahr 1965, Heiko war 14 Jahre alt, verteilte illegal (er war zu jung) den Kurier und kaufte sich seine ersten Platten.

Richtig mit Platten auflegen begann er Mitte der 70er-Jahre im Krokodil. „Der DJ musste aufs Klo, ich saß am Tresen und Charly Müller sagte, leg’ halt Du auf.“ Der Kollege mit der schwachen Blase brauchte gar nicht mehr zu kommen, Heiko, der mit fünf Geschwistern mit jeweils unterschiedlichem Musikgeschmack aufgewachsen ist, kannte nicht nur alles, sondern beeindruckte den Chef des Krokos schlagartig. „Madhouse“ und „Katakombe“ in Karlsruhe, „Alte Rockfabrik“ in Bruchsal, „Locations“ in Heidelberg, Augsburg oder Bonn, Ü-30-Parties, 50er- bis 90er-Parties - das ist ein Teil der langen Liste aus DJ Heikos Berufsleben. Daneben betrieb er Lokale wie den „Fuchsbau“, den „Südpol“ (neben der Schauburg) oder die „Anziehbar“, ein Klamottenladen mit Café.

Heute legt er nur noch im „Substage“ auf, nicht weil er gerade 60 (sechzig!) geworden ist, sondern „weil es mir auf den Sack geht, wenn ich um zehn anfange, die Leute erst um zwei kommen, um dann um fünf zu motzen, weil Feierabend ist mit dem Argument, in Berlin sei das anders.“ Nicht zu vergessen Heikos etwas unkonventionellen Vorträge mit Ton und Bildmaterial über Rockmusik oder seine BNN-Serie über „Beat in Baden“ (mit Felix Mescoli). „Meine Lebensgeschichte müsste ich mal aufschreiben, dazu müsste mir aber jemand in den Hintern treten.“

Zu dieser Geschichte gehört elementar der KSC. „Seit ich vier Jahre alt bin, interessiert mich Fußball.“ Heiko hat anfangs in sämtlichen Jugendmannschaften gekickt („alles außer Tormann“), landete bei den Amateuren, war aber „trainingsfaul“, weil er zu oft auf Konzerten herumhing und spielte in Freizeit- und Benefizmannschaften, etwa der „Lokomotive Lüpertz“. Wobei er Markus Lüpertz einmal beinahe aus dem Kroko warf, weil der sein Bier partout aus einer „Tulpe“ trinken wollte.

„Seit 1960, also seit über 50 Jahren, habe ich allenfalls 30 Heimspiele verpasst.“ Inzwischen wurde Heiko in den Vereinsrat gewählt und ist Mitarbeiter des Magzins „Auf, ihr Helden.“ Und dann ist da noch die Geschichte vom Stripper Heiko in der Schauburg („die Mädels ham gekrischen wie am Spieߓ). Oder die vom Dressman für Heine: „Bei der Bewerbung saß ich unrasiert und durchgeorgelt neben lauter schönen Typen. Mich haben sie genommen, weil die Körpermaße passten.“ Allerdings durfte der sportliche Mann mit dem phänomenalen Gedächtnis und der Leidenschaft für’s Kochen nur auf den Laufsteg, für den Versandhaus-Katalog reichte es nicht: „Da haben sie dann die Schönlinge genommen.“ maske