Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 09.2009
Verschiedenes Meldungen

 

80 Jahre Dammerstock

Zeilenweise Licht und Luft

Die Toilette in der Wohnung, fließend kaltes und warmes Wasser, Fenster in Bad und Küche - der Standard in der Dammerstock-Siedlung war 1929 „revolutionär“, sagt Nina Rind. Die 30-jährige Kunsthistorikerin befasste sich bereits während ihres Studiums intensiv mit der in strengem Zeilenbau von Nord nach Süd ausgerichteten Siedlung in Karlsruhes Süden. Zum „80-Jährigen“ der Dammerstock-Siedlung hat sie, unterstützt vom Kulturamt der Stadt und mit zahlreichen Kooperationspartnern, ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm organisiert.
„Architektur ist Kultur“, betont sie, und die Dammerstock-Siedlung in vielerlei Hinsicht beispielhaft für kultur- und sozialgeschichtliche Entwicklungen der 1920-er Jahre. Ein zentrales Heizwerk, das für eine warme Wohnung sorgt, Licht und Luft in allen Räumen und nach ihrer Funktion getrennte Schlaf- und Wohnräume bedeuteten Gesundheit und Hygiene im Sinne der damals aktuellen Lebensreform-Ideen. Walter Gropius, Gründer des Dessauer Bauhaus, hatte die Oberleitung über das Bauprojekt, das einem 1928 von der Stadtverwaltung ausgeschriebenen Wettbewerb folgte. Eine Jury - ihr gehörten Mies van der Rohe und Ernst May an - wählte die Architekten aus, die innerhalb von neun Monaten die ersten 228 Wohnungen verwirklichten. Am 29. September 1929 stellte sich die nach den Kriterien des „Neuen Bauens“ errichtete Flachdach-Siedlung in ihrer klaren Formensprache mit der Ausstellung „Die Gebrauchswohnung“. „Es ging um die Präsentation einer Idee“, sagt Nina Rind, die aus ihrer Heimatstadt Höxter nach Karlsruhe kam, um an der HfG Kunstwissenschaft mit dem Schwerpunkt Moderne zu studieren. Nach einigen Semestern in Berlin und Heidelberg schloss sie ihr Studium ab, blieb Karlsruhe als Wahlheimat jedoch treu und arbeitet derzeit an ihrer Doktorarbeit über abstrakte Filme der 1920-er Jahre.
Mit Musterwohnungen samt passenden Möbeln stellte die Dammerstock-Siedlung 1929 sich und ihr Ziel, auf kleiner Fläche und bei geringem Preis hohen Wohnwert zu bieten, der Öffentlichkeit vor.
Die gesamte Werbegestaltung zur Dammerstock-Siedlung, von der Einladungskarte bis zu Plakat, Katalog und Beschilderung, schuf der Werbegrafiker, Künstler und Architekturkritiker Kurt Schwitters. Er verwendete die Form des mit Mehrfamilien-Wohnblocks und Reihenhäusern bebauten Gesamtareals als wiederkehrendes grafisches Element, das sich jetzt auch wiederfindet im Erscheinungsbild der Drucksachen zu „80 Jahre Dammerstock“. Als Auftakt veranstaltet der Bürgerverein ein Fest am 26. (ab 11 Uhr, im historischen Eingangspavillon, gegenüber Danziger Str.11), das Architekturbüro Rossmann und Partner öffnet an diesem Tag von 10 bis 16 Uhr sein Büro im ehemaligen Waschhaus der Siedlung für Besucher, und Studierende der HFG thematisieren ab 13.30 Uhr unter anderem das serielle Moment der Siedlung in Kunst-Installationen.
Der Badische Kunstverein zeigt vom 25.9. (Eröffnung 24.9., 19 Uhr) bis zum 22.11. „Architektur als Erlebnis. Die Dammerstock-Ausstellung von 1929“. Im Ständehaus ist die Ausstellung „Wir wohnen. 80 Jahre Dammerstock. Demokratie, Identität und Neues Bauen“ zu sehen, für die heute Bewohner Fotos ihrer Häuser und Wohnungen zur Verfügung stellen, die historischen Aufnahmen gegenübergestellt werden. Es gibt Führungen durch die Siedlung mit Nina Rind (organisiert von ArtRegioTours), Podiumsgespräche und Konzerte. „Anna Blume im Jammer stockt“ heißt etwa das Projekt der Gruppe „Arts in Dialog“ mit Kurt-Schwitters-Texten und den Schauspielern Robert Besta und Thomas Gerber, von dem das Konzept des Theaterabends stammt, sowie einer Gruppe von Musikern um Helmut-Bieler-Wendt, das am 28., 19 Uhr, im Bunker (Eingang gegenüber, Danziger Str. 9) erstmals zu erleben ist. Bis zum 25. Oktober gibt es Veranstaltungen zu Dammerstock unter anderem im Architekturschaufenster und in der Literarischen Gesellschaft. afr > ausführliches Programm unter

Weiterführende Links

Weitere Infos