Die höchste Kunst ist der Aufstand

Ein Labyrinth mit großformatigen Bildern von amerikanischen Soldatinnen und Soldaten, die scherzend die schwer misshandelten und gedemütigten Saddam-Soldaten vorführen, ein Kabinett der von Heile-Welt-Filmbildern umrahmten Home-Movies Adolf Hitlers mit der nacktbadenden Eva Braun oder eine Folterkammer, in der die Elektroschockbehandlung am Freigeist, Dichter und Schauspieler Antonin Artaud nacherlebbar wird - auch in seinen jüngsten Arbeiten bleibt die Kunst des bald 80-jährigen Jean Jacques Lebel eine Zumutung. Der Franzose mutierte um 1960 vom Lebel zum Rebell, der in seinem Werk den Aufstand gegen Politik, Unfreiheit und Unterdrückung zum Ziel erhob. In einer großangelegten Ausstellung präsentiert das ZKM den Pionier des künstlerischen Happenings, der mit den amerikanischen Beat Poeten ebenso die Freundschaft pflegte wie mit den kritischen Dichtern und Denkern Europas. Manches Relikt seiner früheren Aktionen wirkt aus heutiger Sicht kruschtelig, putzig seine monumentalen Verehrungen des Prinzips Frau in seinen Reliquienschreinen für die Liebesgöttin Venus, doch der Stachel der Provokation sitzt immer noch. Etwa in der eingangs gezeigten Sammlung von Geschosshülsen, die ihres todbringenden Inhalts entledigt in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs aus Langeweile zu Blumenvasen und anderen Niedlichkeiten umgearbeitet worden waren. Dass ein beträchtlicher Teil dieser Objekte vor Ort in der früheren Waffenfabrik, in der heute das ZKM residiert, gefertigt wurden, macht die Installation nur noch beklemmender. Sehenswert. jf

> bis 9.11., ZKM, Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe, Lorenzstraße 19, Mi−Fr 10 bis 18 Uhr, Sa−So 11 bis 18 Uhr