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Sonne, Mond und Moonlights: Ein Dreh im Wald, Teil 2

Eine Kolumne von Nadine Knobloch

Bild - Sonne, Mond und Moonlights: Ein Dreh im Wald, Teil 2
Im Drehbuch lesend, ging ich weiter in den Wald hinein. Für einen Moment ergriff mich die Panik, wusste ich doch gar nicht so genau, wo mein Aufbau-Team hingelaufen war. Und dieser Wald war alles andere als übersichtlich. Erleichtert stellte ich fest, dass sie unschwer zu entdecken waren. Zum einen an den bereits von weitem gut sichtbaren Moonlights, die zwischen den Bäumen wie frisch gelandete Ufos wirkten. Zum anderen an den hochgehaltenen Handys, denn wann hat man schon einmal die Gelegenheit, ein Selfie mit einer ehemaligen Germany’s next Topmodel-Finalistin zu machen? Das dachten sich wohl zumindest die Drei vom THW und knipsten fleißig Fanfotos mit Marie Nasemann.

Nach der Selfie-Session hatte ich meine Hauptdarstellerin wieder für mich und wir konnten mit einer Probe beginnen. Ich schaute erneut in das Drehbuch. „MARIA schnellt hinter einen Busch auf der Suche nach Schutz. Der Schein des Mondes ist zu erkennen. MARIA sieht sich atemlos und angsterfüllt um und versucht, irgendetwas in der Dunkelheit zu erspähen und...“ Moment. „Wir müssen die Moonlights anders stellen!“, war doch nach einem Blick auf den Kontrollmonitor unschwer zu erkennen, dass unser Mondlicht leider in der Kamera noch nicht wirklich zur Geltung kam.

Während der THW mit dem Runterkurbeln der Leuchten beschäftigt war, ging mir nur ein Gedanke durch den Kopf: Die Nacht musste so stimmungsvoll und mysteriös wie möglich werden. Der künstliche Mond – oder besser die künstlichen Monde – mussten die echte Sonne einfach überstrahlen. Unser Vorteil im Wald: das dichte Blätterdach ließ zwar genug Licht durch, um zu wissen, welche Tageszeit es war. Wir konnten uns aber dennoch so platzieren, dass die Sonne zu keinem Zeitpunkt zu sehen war. Wir sahen uns um. Keine 20 Meter weiter war es um einiges dunkler. Also zogen wir um.

Während wir uns alle wieder in Position brachten, klagte Marie über Kopfschmerzen. Noch so etwas Typisches für hier. Wer es nicht gewohnt ist, oder auch wenn man es gewohnt ist, kann einem an solch einem feucht-heißen Sommertag in Karlsruhe schon mal ganz ordentlich der Schädel brummen. Eine kühle Flasche Wasser und ein Aspirin wurden gereicht, in der Hoffnung, dies würde schnell wirken. Aber bei dem ständigen Springen in die Konzentration und dann wieder raus, um kurz darauf wieder auf den Punkt fokussiert sein zu müssen, da gibt selbst die stärkste Schmerztablette auf.

Jetzt nervten die Schnaken umso mehr. Marie tat mir leid. Und ich hatte sie für die Waldszenen auch noch in ein Nachthemd gesteckt, wobei dessen lange Ärmel gar nicht mal so unpraktisch waren. Mittlerweile sprühten wir das Mückenspray auch nicht mehr nur auf die Haut, nein, wir kippten es großzügig und großflächig direkt auf Kleidung und Schuhe. Marie sprühten wir es sowohl auf als auch unter das Nachthemd. Sah von außen vermutlich komisch aus, anders war man den Viechern aber nicht mehr bei zu kommen. Die ersten Zecken wurden auch schon auf Hosenbeinen gesichtet. Dieses Krabbel-Gefühl auf der ganzen Haut machte sich allmählich breit. Während ich anmerkte, dass sich jeder doch bitte regelmäßig nach Zecken auf der Kleidung absuchen sollte, stellte ich gleichzeitig eine Person ab, die Marie ungeniert auf die Beine starren durfte. Schließlich konnte sie für einige Szenen keine Schuhe tragen und stand barfuß mit ihrem Nachthemd im Gestrüpp – ein Traum für jede Zecke…

Die Moonlights waren an der richtigen Stelle, die Probe lief gut und in der Kamera ließ sich die Nacht erkennen. Also endlich alles auf Anfang. Ohne eine weitere Verzögerung begannen wir mit dem Drehen. „Und bitte!“ Marie lief los, hastete über einen Mooshügel und wie geplant an der Kamera vorbei. „Super!“ Das war im Kasten. Nächste Einstellung. Marie lief los auf den Mooshügel zu – und prompt verhakte sich das Nachthemd an der kompletten Seite im Geäst. Also hieß es erstmal sowohl Schauspielerin als auch Kleid aus den spitzen Zweigen zu befreien, was gleich mehrere Personen in Anspruch nahm. Glücklicherweise hatten wir das Kleid in dreifacher Ausfertigung gekauft, sodass wir das erste beschädigte problemlos austauschen konnten. Nach einem kurzen Moment starteten wir nochmal. Die Kamera lief, Marie lief ebenfalls, über den Mooshügel, sie machte einen Hüpfer am bereits gierig lauernden Geäste vorbei und fertig war auch diese Sequenz.

Und so ließ sich eine Szene nach der anderen abdrehen. War der Aufbau doch mitunter recht zäh gewesen, ging es mit den Szenen jetzt fast in rekordverdächtigem Tempo voran. Mit jedem weiteren Bild, dass ich auf meinem Storyboard mit „erledigt“ kennzeichnen konnte, sah ich den Film vor meinem geistigen Auge Gestalt annehmen. Wieder einmal bestätigte sich, dass das Aufwendigste bei einem Dreh der Aufbau und die damit verbundenen Herausforderungen waren, manche, mit denen man bereits im Voraus gerechnet hatte, andere, die so spontan auftauchten wie sie dann auch gelöst werden mussten.
Die Schnaken störten uns auch nicht mehr. Entweder waren wir alle mittlerweile so in eine Wolke von Anti-Mückenspray gehüllt, dass es für alles, was stechen konnte, unappetitlich geworden war. Oder – und das war die wahrscheinlichere Variante – es hatten sich einfach alle blutsaugenden Viecher in diesem Wald an uns ins Delirium gefressen.

Apropos: Die Zeit bis zur Mittagspause verging wie im Flug. Alles war im Zeitplan und so konnten wir entspannt und bestens gelaunt unser gemeinsames Essen im Wald genießen, was mit einem herrlichen Blick auf den Altrhein irgendwo in Daxlanden nicht hätte schöner sein können.

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