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tanz karlsruhe 2019

Total fokussiert

Dass der zeitgenössische Tanz in Karlsruhe künftig einen anderen Stellenwert bekommen könnte, dafür steht schon die Eröffnung des Festivals tanz karlsruhe, das die Stadt ab dem 3. November für drei Wochen in Bewegung versetzt. Neun verschiedene Programm, dazu jeweils zwei Filme und Workshops, fügen sich an sechs Spielstätten zu einem Festivalprogramm, das sich nach den stilistischen Ausweitungen der Vorjahre in Richtung Flamenco, Tango, Hip-Hop und klassischem Ballett diesmal ganz auf den zeitgenössischen Tanz und seine meist in der freien Szene beheimateten Protagonisten fokussiert. Am Beginn des Festivals steht das Karlsruhe-Debüt der neuen Ballettdirektorin am Badischen Staatstheater, Bridget Breiner, die nach der 16-jährigen Ära Birgit Keils, in große Fußstapfen tritt und für eine andere Tanzssprache steht.

„Ich hoffe, dass hier künftig etwas mutiger Themen unserer Zeit auf die Bühne kommen“, sagt Festivalkurator Hans Traut, der dem klassischen Ballett jedoch seine Berechtigung nicht absprechen will. Insgesamt konstatiert er in der deutschen Tanzszene, ob klassisch oder modern, eine gewisse Mutlosigkeit, brisante Inhalte zu vertanzen. „Ich habe Bridget Breiner als dem Publikum sehr zugewandt kennengelernt und bin davon überzeugt, dass sie hier den in sie gesetzten, immensen Hoffnungen gerecht werden und ihre Sache sehr gut machen wird“, so der Leiter der Tanztribüne, die gemeinsam mit dem Kulturzentrum Tempel das Festival tanz karlsruhe verantwortet. Zum Auftakt, den Breiner programmatisch „Seid umschlungen!“ übertitelt, zeigt sie ein Potpourri acht kurzer Stücke mehr oder weniger prominenter Choreografen wie Richard Siegal, Marguerite Donlon oder Marco Goecke, deren Bewegungssprache auch in Zukunft auf der Staatstheaterbühne ihren Ort finden soll.

Dass Israel über eine hervorragende Choreografen-Szene verfügt, ist längst kein Geheimnis mehr. Wie viele ihrer weltberühmten Kolleginnen ihres Landes tanzte auch Sharon Eyal einst in der legendären Batsheva Dance Company. Längst führt sie gemeinsam mit ihrem Partner Gai Behar eine eigene Company und schafft bisweilen auch für andere, meist weltberühmte Tanzkompagnien Gastchoreografien. Die Ehre wurde zuletzt auch dem Ensemble tanzmainz, dem Rheinland-Pfälzischen Staatsballett, zuteil, für das sie mit „Soul Chain“ (siehe Foto) ein elektrisierendes Gesamtkunstwerk voll starker Emotionen rund um die Liebe schuf. Am 6. November ist das Stück im Tollhaus zu sehen, wo am 12. dann mit der Danza Contemporánea de Cuba ein weiterer Publikumsknüller ins Haus steht. Die kubanischen Tänzerinnen und Tänzer streben weniger nach Perfektion als nach emotionaler Tiefe und bringen so Wahrhaftigkeit und Leben in ihre Stücke. Mit drei Stücken, bei denen bis zu 25 Beteiligte mitwirken, gastieren die mitreißenden Kubaner zum zweiten Mal bei tanz karlsruhe.
Vom Mittwoch, 13. bis Sonntag, 17. November zieht tanz karlsruhe dann ins ZKM, wo zunächst die britische Alexander Whitley Dance Company, dann die Schweizer Compagnie Linga jeweils für zwei Tage mit Deutschlandpremieren gastieren. Kurz nach der Uraufführung untersucht Alexander Whitleys „Overflow“ - höchst passend zum Aufführungsort - das Leben im Zeitalter von Big Data, und fragt, wie sich das Bestreben alles in Daten und Informationen umzuwandeln, auf die menschliche Subjektivität auswirkt. Das Verhältnis von Gruppe und Individdum setzen am Samstag 16. und Sonntag 17. die Schweizer Compagnie Linga in Bewegung. Auf der Suche nach einem Kollektivbewusstsein orientiert sich „flow“ an den Phänomenen von Vogel- und Fischschwärmen, Herdenwanderungen von Säugetieren und den gemeinschaftlichen Bewegungen beim Insektenflug.

Auch wenn die Langen Nächte der kurzen Stücke, die die regionale Szene zum Festival beisteuert, wie gewohnt lange im Vorfeld bereits ausverkauft sind, gibt es in der Scenario Halle des Kulturzentrums Tempel doch noch Karten für eine Reihe höchst lohnender Veranstaltungen. So präsentieren sich am Montag, 18., die Preisträger des internationalen Solo-Tanz-Theater Festivals 2019, am Donnerstag, 21., das britische Alleyne Dance sowie am Samstag, 23. die Schweizer Formation Alias um Guilherme Botelho, dessen Choreografie “Normal.” Deutschlandpremiere feiert. Die Schwestern Kristina Alleyne and Sade Alleyne tanzten früher in der Akram Khan Company und versprechen mit „A Night’s Game“ ein athletisches Tanztheater voll außergewöhnlicher Dynamik im emotionalen Ausnahmezustand. Botelhos “Normal.” hingegen ist „eine getanzte Definition dessen was Leben bedeutet”, ein zyklisches Ritual der ständigen Veränderung, bis am Ende alle Dinge verschwinden und verfallen.

Zwei Filme, der an die dionysischen und abgründigen Wurzeln jeden Tanzes erinnernde „Climax“ des aus Argentinien stammenden Regisseurs Gaspar Noé (15.) und Alla Kovgans Porträt des legendären Tänzers und Choreografen Merce Cunningham (20.) sowie Workshops mit dem Mitbegründer der Compagnie Linga Marco Cantalupo und den Alleyne-Schwestern komplettieren das Festival 2019.

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