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Archiv: 10.2016
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Terror-Angst

Bild - Terror-Angst
Wenn Sie erpicht darauf sind, wenigstens einmal in ihrem Leben das Gefühl genießen zu können, Macht auszuüben, von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, die Gefühle einer Masse von Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken, dann lassen sie einfach einen Koffer oder einen Rucksack unbeaufsichtigt in einem Bahnhof oder einem Flughafen stehen, es ist dann relativ sicher, dass allein diese Tatsache für gehörige Aufregung, für einen Polizeinsatz, für die Sperrung der Lokalität, die zwischenzeitliche Lahmlegung des Zug- bzw. Flugverkehrs und demzufolge auch für Nachrichtenfutter sorgt.

Während früher ein solcher Koffer einfach nur den sehr naheliegenden Verdacht erregte, von einem schusseligen Reisenden vergessen worden zu sein, vermutet man heute hinter solch einem Objekt eine mörderische Absicht, einen geplanten Terroranschlag. Das erweist sich zwar in fast allen Fällen als unbegründet, aber bevor der verdächtige Gegenstand nicht durch eine gezielte Sprengung unschädlich gemacht wurde, kann keine Entwarnung gegeben werden und der schusselige Reisende, dem mittlerweile eingefallen ist, dass er irgendetwas vergessen hat, kann sein Gepäck, wenn überhaupt, nur noch in pulverisierter Form in Empfang nehmen.

Eine andere Möglichkeit gehörigen Wirbel zu verursachen und, wenn auch ungenannt, für Schlagzeilen zu sorgen, ist ein Anruf zur rechten Zeit am rechten Ort und das Ausstoßen einer Bombendrohung, am wirkungsvollsten mit einem arabischen Akzent (wie immer der klingen mag) und dem abschließenden Ausruf „Allahu Akbar!“. Aber eigentlich kann man sich die orientalische Folklore auch schenken, in Zeiten der grassierenden Terror-Angst bedarf es keiner besonderen Anstrengung mehr um panische Reaktionen auszulösen.

Die Terroristen des IS und ihre diversen Konsorten und Nachahmer haben es fertiggebracht, das sich so etwas wie ein Generalverdacht gegenüber jedermann breitgemacht hat, dass eine Sicherheitshysterie sich als Normalität ausgeben darf. Das Oktoberfest in diesem Jahr ist eingezäunt, an den Eingängen wird kontrolliert, niemand darf einen Rucksack oder eine größere Tasche mit aufs Gelände nehmen. Ja, ja, so sieht sie mittlerweile aus die Liberalitäs Bavariae. Die Münchener sind halt einfach die Gelassenheit in Person. Das haben sie schon im Juli dieses Jahres gezeigt. Als ein geistig verwirrtr Teenager in einem Schnellrestaurant neun Menschen und danach sich selbst erschießt, wird noch Stunden später der öffentliche Nahverkehr gestoppt und die ganze Stadt in einen Ausnahmezustand versetzt, um der drohenden Terrorgefahr mit einem riesigen Polizeiaufgebot entgegenzutreten. Wie sich im Nachhinein herausstellte, dürfte das Auftreten schwer bewaffneter Polizisten wiederum die Gerüchte um mögliche Mittäter sowie die ohnehin schon vorhandene Panik weiter befeuert haben. Nach dem Ende der völlig hypertrophen Aktion beglückwünschten sich die Verantwortlichen auch noch selbst für ihr besonnenes Handeln.

Vor ein paar Wochen sorgte der Fall einer jungen Mutter am Frankfurter Flughafen für helle Aufregung und stundenlange Flugausfälle. Die gute Frau war arglos mit ihren Kindern weitergegangen, obwohl die Sicherheitskontrolle noch nicht abgeschlossen war. Mein Gott, was da hätte alles passieren können! Ich weiß, es bringt nichts, den von Terror-Angst geplagten Leutchen immer wieder vorzuhalten, dass die Wahrscheinlichkeit vom Auto überfahren oder im eigenen Haushalt zu verunglücken um eine Vielfaches höher ist als die Wahrscheinlichkeit einem Terroranschlag zum Opfer zu fallen.

Deshalb lasse ich es auch einfach und schlage stattdessen die Wiedererrichtung der im Mittelalter so bewährten Stadtmauern (natürlich in modernisierter Form) mit Personen- und Taschenkontrollen an den Stadttoren vor, sowie eine Modifizierung unserer Nationalhymne im Geist der Zeit: „Einigkeit und Recht und Sicherheit für das deutsche Vaterland.“ Zugegeben: Die eine Silbe mehr, bringt die Hymne ein wenig aus dem Rhythmus, aber man könnte zum Beispiel auch auf das einsilbige „Recht“ ganz gut verzichten, wobei „und und“ geht auch nicht. Aber lassen wir das. Hauptsache, wir sind alle in Sicherheit.