Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 06.2015
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Bernd Hettlage

Das Geheimnis von Karlsruhe

Geheimbünde, Esoterik, Mord, Humor
Wir schreiben den 21. Dezember 2021. Die Karlsruher U-Strab ist fertig gestellt, der Weihnachtsmarkt auf den Marktplatz zurück gekehrt. Plötzlich erhebt sich ein "dump-fes, durchdringendes Grollen... Dann tat sich die Erde auf." Sämtliche Stände, Besucher, ja selbst die Pyramide sinken in die Tiefe. Derart furios beginnt Bernd Hettlages "Das Ge-heimnis von Karlsruhe". Es ist erst das dritte Buch des 1960 geborenen Autors, der seit 1999 in Berlin lebt, doch der Thriller hat es in sich.

Protagonist Lukas Arnold ist ein Nachfahre Friedrich Wein-brenners. Er macht sich nach dem Fund einer Tagebuchno-tiz seiner Großmutter auf die Suche nach seinen Vorfahren und ihren Geheimnissen. Dabei stellt er schnell fest, dass die Fächerstrahlen der Stadt, verlängert man sie, zu alten keltischen Kultplätzen reichen, zur Michaelskapelle etwa oder zum mysteriösen Obelisken von Büchelberg. Er findet immer mehr Hinweise, dass Karlsruhe nach geomantischen Gesichtspunkten angelegt wurde, entlang von Kraftlinien. Bei seinen Recherchen gerät er unter Mordverdacht, Arnold muss fliehen, um dem Mord, um das Geheimnis von Karl-sruhe und um die Machenschaften von Geheimbünden auf-klären zu können.

"Mich haben die esoterischen Zusammenhänge privat inter-essiert, auch wenn ich sie nicht ernst nehme", sagt Hettlage. Bei seinen Recherchen in den Karlsruher Archiven habe man ihn belächelt. Es gebe in Karlsruhe noch mehr okkulte Stätten sagt Hettlage augenzwinkernd, "mich wundert, dass die Stadt keine entsprechenden Führungen anbietet, die Esoterik blüht immer noch." Wie sehr sich die Väter der Stadt, der Markgraf und sein Stadtbaumeister, von altem Geheimwissen inspirieren ließen, ist freilich unklar.

Mit der Esoterik hat Hettlage schon lange abgeschlossen, auch wenn er in seinem Leben eine Phase hatte, in der er in die Szene eintauchte: "Das sind alles unglaublich nette Menschen, aber sie sind sehr bedürftig. Ich brauche keine spirituelle Anleitung, um mein Leben zu leben." Aus diesen Erfahrungen ist der vorletzte Roman des Ex-Karlsruhers entstanden. "Geschenkt!" ist der Titel, die Geschichte zieht auf sanfte, aber sehr komische Weise esoterische Rituale durch den Kakao und deckt gleichzeitig das mysteriöse Geschäftsgebaren der Gurus der Szene auf, die mit "Schenkkreisen" ihrer Klientel das Geld aus der Tasche ziehen. Wieder spielt alles in Karlsruhe und Umgebung, zwischen Baden-Baden und dem Albtal.

Bernd Hettlage ging nach Berlin, wie viele Schriftsteller, weil er hoffte, dort als freier Journalist und Autor bessere Chancen zu haben. Er schlug sich anfangs durch als Theaterbeleuchter, er baute Tennisplätze, betrieb viele Jahre lang einen Stand auf dem Karlsruher Weihnachtsmarkt, schrieb über Architektur und Immobilien oder verkaufte Antiquitäten. Neben dem Schreiben von Romanen hat der zweifache Vater nun seinen Traumjob gefunden:

Er ist Filmbeschreiber. "Diesen Beruf gibt es erst seit 20 Jahren. Er gibt Blinden eine Chance, sich Filme anzusehen." Blinde hören zwar Dialoge und Geräusche, bekommen die optische Dimension aber nicht mit. Ein Filmbeschreiber nutzt die Dialogpausen im Film und kommentiert in diesen Lücken präzise, was er sieht. "Man kann allerdings nicht schreiben, 'das Zimmer sieht chaotisch aus'. Stattdessen muss es heißen: 'Auf dem Boden liegen leere Bierbüchsen, ein Aschenbecher quillt über etc." Für einen Romanautor sei das eine gute Schule in Sachen Präzision. Für Produktionsfirmen, für ARTE oder das ZDF schreibt Hettlage also die Texte, die eine Schauspielerin einliest, nachdem er sie mit Blinden "getestet" hat. Im Kopf des Blinden muss ein Film ablaufen, wie beim Lesen eines Romans. Es ist für ihn ein Traumjob, denn außer einem Laptop und einem Kopfhörer braucht er nichts. Arbeiten kann er theoretisch überall. In Neu Dehli, Castrop-Rauxel, Berlin oder eben jener Stadt, die ihn immer wieder inspiriert, nämlich Karlsruhe. Matthias Kehle

Bernd Hettlage: Das Geheimnis von Karlsruhe, Lindemanns Bibliothek, Thriller, 274 Seiten, 18,80 Euro - Empfehlenswert !

> Sa 13. Juni 2015.um 20 Uhr, Bernd Hettlage liest aus „Das Geheimnis von Karlsruhe“, KOHI, Werderstraße 47, Werderplatz, Karlsruhe


KOHI

Werderstraße 47

76137 Karlsruhe

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