Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 04.2015
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Das Handelsabkommen und die Selbstverwaltung

TTIP und KA

Deutschland hat mit über 130 Ländern bereits Abkommen zum Investorenschutz abgeschlossen. Zuletzt wurde ein solcher Vertrag von der Europäischen Union mit Kanada (CETA) ausgehandelt, aktuell verhandelt die EU mit den USA über ein Freihandelsabkommen, die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Außerdem iwird das Dienstleistungsabkommen TISA mit 50 Ländern ebenfalls ein künftiges Thema werden.
Es ist sicherlich sinnvoll, wenn man versucht, sich über gemeinsame Standards zu einigen, beispielsweise bei der Auto- oder Medikamentenzulassung oder der Nahrungsmittelproduktion.
Doch, so die Befürchtung der Gegner, dabei ist zu oft der jeweils untere Level der gemeinsame Nenner, auf den man sich einigt. In den USA und in der EU sehen Kritiker ihre jeweiligen Umweltgesetze, ökologischen und sozialen Standards in Gefahr. Antiamerikanische Stimmungsmache hat also nichts zu suchen in der Diskussion. Das oft erwähnte „Chlorwasser“ ist zum Beispiel auf beiden Seiten des Atlantiks im Einsatz und es ist ihm vermutlich egal, ob es ein amerikanisches Hühnchen oder eine europäische Salatmischung waschen muss.

Aber vor allem ist es der „Investorenschutz“, der den meisten Unmut hervorruft, denn der geht vielen schlicht zu weit und gehöre nicht in einen solchen Vertrag.
Es sollen nämlich in Streitfällen zwischen Staat und Firmen - wie dies bisher nach solchen Verträgen üblich ist - Schiedsgerichte zuständig sein. Diese bestehen üblicherweise aus drei (!) Anwälten, die in einem geheimen Verfahren, das zudem vollkommen unabhängig von irgendwelchen nationalen Gesetzen, entscheidet und keinerlei Berufungsmöglichkeiten zulässt.

Sollten ursprünglich Investoren vor der Willkür, wie beispielsweise Enteignung in Entwicklungsländern, geschützt werden, nutzen inzwischen die Konzerne dieses Instrument, um gegen unliebsame Umwelt- oder Sozialauflagen selbst in demokratischen Industrieländern vorzugehen. Sie verklagen Länder und Kommunen zu Milliardenzahlungen. Beispielsweise forderte der schwedische Konzern Vattenfall – das geht schon ohne TTIP - wegen Umweltauflagen für sein Kohlekraftwerk von der Stadt Hamburg 1,4 Milliarden Euro Entschädigung. In einem Vergleich wurden die Umweltauflagen zugunsten des Betreibers aufgeweicht. Das hat letztendlich zur Folge, dass viele Länder und Kommunen schon allein bei der Androhung einer Klage klein beigeben, weil sie sich einen Gang zum Schiedsgericht mit ungewissem Ausgang gar nicht leisten können.
Ein weiteres Argument gegen einen Abschluss ist für viele die allgemeine Liberalisierungsverpflichtung für öffentliche Aufgaben.
Diese lässt nur wenige Ausnahmen zu, die zudem explizit im Vertrag aufgeführt werden müssen. Sollte sich in Zukunft eine heute noch nicht bekannte Dienstleistung neu entwickeln, muss sie automatisch liberalisiert werden, denn sie stand ja nicht auf der Liste.

Zudem darf der Grad der ereichten Liberalisierung nicht mehr unterschritten werden. Selbst bei einer schlechten Erfahrung mit der Privatisierung einer Dienstleistung ist eine Rekommunalisierung nicht mehr möglich. Für viele ist diese Einschränkung unglaublich und für nachfolgende Generationen schlicht ein Unding.

Die Konzessionen für die kommunale Daseinsvorsorge fallen natürlich auch unter den Investorenschutz. Zwar sind nach bisherigen EU-Richtlinien beispielsweise die Wasserversorgung oder die Rettungsdienste vom Zwang zur Privatisierung ausgenommen, doch bei TTIP stehen sie – über den Umweg „Investorenschutz“ - wieder zur Diskussion.

Ob Abfallbeseitigung Öffentlicher Nahverkehr, Volkshochschulen, Musikschulen, Kulturveranstaltungen und vieles mehr – alle diese Märkte müssen für private Investoren zugänglich gemacht werden. Subventionen aus Steuergeldern wären dann sicherlich ein Streitthema, denn diese wären eine potentielle Benachteiligung eines möglichen Investors.

Auch Regulierungen wie Flächennutzungspläne, Baugenehmigungen oder die quantitative Beschränkungen des Markzugangs - beispielsweise keine Genehmigungen für weitere Einkaufszentren - wären wohl tabu. Die Verweigerung einer Sondermülldeponie für einen Betrieb könnte ebenfalls zum teuren Problem werden, wie dies eine mexikanische Gemeinde bereits erfahren musste.

Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen wird nach rein ökonomischen Kriterien erfolgen müssen. Der billigste Anbieter bekommt den Zuschlag, Ökologische und soziale Aspekte dürfen keinerlei Rolle spielen.
Dass sich die demokratische Selbstverwaltung in so hohem Maß den wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen hat, ist für viele eine erschreckende Vorstellung.

Auch wenn es Bundeskanzlerin Angela Merkel /CDU) nicht schnell genug geht und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) in einer TV-Runde zum TTIP-Thema (siehe youtube) beim Weltwirtschaftsforum in Davos über die Deutschen spottet, sie seien „reich und hysterisch“- die Chance für Änderungen des Vertrags sehen die Kritiker als realistisch an.

> Infos: www.attac-netzwerk.de/karlsruhe
www.mehr-demokratie.de

> Gegen TTIP unterschreiben u.a. auch auf:
ww.campact.de - www.umweltinstitut.org


Globaler Aktionstag am Sa 18. April 2015 Beginn um 11 Uhr, Friedrichsplatz
Zu einer Rundkursdemo (mit oder ohne Fahrrad) gegen TTIP & Co haben zu diversen Stationen mit unterschiedlichen Themen haben – u.a. - attac. Mehr Demokratie und die Gewerkschaften aufgerufen.
Die Stationen sind:
Friedrichsplatz Arbeit: Globaler Süden
Kirchplatz St. Stephan. Buchhandel
Ludwigsplatz Landwirtschaft. Gesundheit
Staatstheater. Kultur. Bildung
ver.di IM Scheck-In-Center, Rüppurer Str.: Wasser |Verbraucherschutz
ENBW, Durlacher Allee: Energie
Friedrichsplatz: Kommunalpolitik TTIP-frei .Postkarten-Aktion Kaffee und Kuchen

> Sa 18. April 2015 Beginn um 11 Uhr, Friedrichsplatz




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76133 Karlsruhe

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