Klappeauf - Karlsruhe
Archiv: 11.2012
Musik Querbeet

 

Festival elektronischer Musik

IMATRONIC extended

....Ludger Brümmer................................ Till Kniola....



Mit IMATRONIC extended präsentiert sich vom 21.11. bis 2.12. das Institut für Musik und Akustik am Karlsruher ZKM (IMA) mit einem umfangreichen und vielschichtigen Festival. Mit einem internationalen Symposium zum jungen Forschungszweig „Neuroästhetik“, der Verleihung unter anderem der Giga-Hertz-Preise für Elektronische Musik, Sound Art, Tanz & Medien, einer weiteren Ausgabe des Festivals Piano+ sowie einem Gastspiel des GRM-Lautsprecher-Orchesters aus Paris und zahlreichen Uraufführungen bündeln sich hier sehr unterschiedliche Themen zu einem bunten Strauß an Höhepunkten aus der Arbeit des IMA. Im Vorfeld sprach Johannes Frisch für die Klappe Auf mit IMA Leiter Ludger Brümmer und Till Kniola, der seit Juni das Team in der Lorenzstraße verstärkt. Das detaillierte Programm des Festivals elektronischer Musik findet sich unter www.zkm.de.

Noch bis in den Januar hinein steht das ZKM mit der „Sound Art“-Ausstellung im Zeichen klingender Künste. Als wie „ausstellungsfähig“ hat sich die Musik dabei erwiesen´

Ludger Brümmer: Zum einen gibt es musikalische Kunstwerke, die sich exzellent ausstellen lassen, Arbeiten, die eher der Konzeptionskunst folgen oder in Installationen münden. Zum anderen sind es die Archive, die sich sehr gut im Museum präsentieren lassen, weil sie ja mit zahlreichen Klangbeispielen anhörbare Referenzen bieten. Im Rahmenprogramm liefern wir dann auch die konzertante Seite der Musik, die sich im Museum so natürlich nicht darstellen lässt.

Während die Ausstellungen im ZKM bisweilen die großen Publikumsmassen anziehen, steht das IMA ein bisschen im Schatten der visuellen Künste und ist eher eine Sache der eingeweihten Zirkel. Woran liegt das´

Brümmer: Zum einen ist das ZKM natürlich vor allem ein Museum. In diesen Teil fließt ja der allergrößte Teil der Resourcen. Mit zehn Mitarbeitern sind wir hier eine vergleichsweise kleine Abteilung. Zum anderen ist die Musik eben auch eine flüchtige Kunst. Während man eine Ausstellung mehrere Monate anschauen kann, ist ein Konzert an einem Abend, und dann ist die Gelegenheit vorüber. Dazu kommt, dass das Auge zwar viel näher an der Ratio sitzt als das Ohr, aber wesentlich leichter prägbar scheint. Das Hörenlernen ist ein viel komplizierterer Vorgang.

Till Kniola: Dazu kommt aber auch, dass ich bei einem Bild selbst bestimmen kann, wie lange ich es mir anschaue, einem Konzertstück aber bin ich eben die vorgegebene Zeitdauer über ausgesetzt.

Mit IMATRONIC extended findet das umfangreichste Musikfestival in der bisherigen Geschichte des ZKM statt, wie kam es dazu´

Brümmer: Wir haben lange versucht kleinere Schwerpunkte zu setzen und dabei die Erfahrung gemacht, dass wir nur wenig überregionale Besucher nach Karlsruhe holen konnten. Nun versuchen wir nach dem Vorbild der großen Festivals gebündelt einen größeren Interessentenkreis anzusprechen. Logistisch ist dies natürlich wesentlich aufwändiger.

Im Rahmen dieses Festivals findet ein Symposium zum Forschungszweig „Neuroästhetik“ statt. Welche Auswirkungen sind durch deren Forschung auf die künstlerische Praxis denkbar´

Brümmer: Die Neuroästhetik hilft zu begreifen, wie wir funktionieren, und ich glaube, dass die Ästhetik der körperlichen Funktionen eine immer bedeutendere Rolle spielen wird. Nach den Problemen der Digitalisierung ist die Frage der Interfaces in den vergangenen Jahren immer mehr in den Mittelpunkt gerückt. In vielen Bereichen wird nach der Schnittstelle zwischen Mensch und Technik, der Verknüpfung von Physiologie und Inhalt geforscht. Seit den 60er Jahren gibt es auch in der Musik Versuche, Musik durch Hirnströme zu erzeugen. Erst kürzlich hatten wir ein Werk von Kiyoshi Furukawa, bei dem der Interpret über das EEG Klänge durch seine Gedanken steuerte.

Welche Höhepunkte von IMATRONIC extended würden Sie empfehlen´

Kniola: Ich finde es auf alle Fälle großartig, dass als Giga-Hertz-Preisträgerin mit Pauline Oliveros eine der wenigen Frauen nach Karlsruhe kommt, die bereits in den 60er Jahren in der elektronischen Musik wichtige Impulse setzten. Spannend sind auch die Uraufführungen der Werke von Åke Permerud, der im vergangenen Jahr den Walter Fink Preis erhielt, und der mit Produktionspreisen ausgezeichneten Komponisten. Auch das Piano+-Festival im Festival bietet mit seiner Mischung aus zeitgenössischen Klassikern und Uraufführungen jede Menge Interessantes.

Außer der Reihe IMA Lab, die aktuelle Gastkünstlerarbeiten des Hauses vorstellt, gibt es neuerdings die Reihe IMA experiments. Was ist das Ziel dieser Veranstaltungen´

Kniola: Neben den am ZKM gut vertretenen akademischen Komponisten gibt es in der elektronischen Musik auch eine breite Szene von Zeitgenossen, die von einem ganz anderen Punkt herkommen, aber möglicherweise zu ähnlichen Ergebnissen gelangen. Ihnen wollen wir uns hier widmen und sie auch auf das ZKM und seine Möglichkeiten aufmerksam machen.

Brümmer: Wir haben festgestellt, dass die nichtakademischen Musiker die Ästhetik und die Bedingungen der elektronischen Musik vielfach ernster nehmen als die Akademiker, für die die Instrumentierung und die Notation meist immer noch im Vordergrund stehen. Da kann es nur hilfreich sein, auch andere Einflüsse und Wege zur Kenntnis zu nehmen.

ZKM

Lorenzstr. 19

76135 Karlsruhe

| | Infos